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#351 Vardø - Flucht vor dem Sturm

Donnerstag, 17.02.2022, E6 Parkplatz nach Vardø

 

 

 

Moin zusammen,

 

Alles fit bei euch? Gesund und munter? Gut drauf? Zufrieden? Happy?

Falls ja, dann wisst ihr ca. wie wir uns heute Morgen  fühlen. Denn als ich die Verdunklung am Fenster öffne, sieht es ganz ordentlich aus. Ein paar blaue Lücken, am Horizont ziehen noch ein paar Schneeabwerfende Wolken vorbei. Vor uns die riesen Bucht, der Fjord. Wow! Und wir sind hier auch mal wieder komplett alleine. Keine weiteren Spuren von Fahrzeugen im frischen Schnee.

Also, mal raus aus den Federn, nutzen dass ich um 8 Uhr schon wach bin. Somit mehr vom Tag!

Als erstes Blog tippen, im Anschluss abwaschen, danach duschen. Als alles erledigt ist, zeigt die Uhr nach Neun an und draußen schiebt sich die Sonne über den Berg. Die Wolken haben sich gut verzogen, die Sonne lacht über den Berg. Wow, wieder Wetterglück! Das wird ja langsam unheimlich…wann kommt die Wetterwende, frage ich mich. Na, wenn ich wüsste....

 

Vor die Tür, filmen für YouTube und Insta Stories, die Insta Story geht wenig später live. Drohne raus, fliegen. Doch die mag nicht. Will ihre IMU Kalibrieren. Diese Meldung ist mir gänzlich neu, hatte ich in 3 Jahren noch nie. Natürlich blicke ich somit nicht, was die Kamera von mir will und der Kalibrierungsprozess dauert ewig und raubt mir den letzten Nerv.

Als der Aufklärer endlich einsatzbereit ist, hängt die Sonne schon wieder hinterm Berg. Dennoch, ein Flug muss sein. Natürlich ist von der ganzen Kalibrierung nun der Akku halb leer, also schnell noch einen anderen fertig laden mit der EcoFlow und dann ab in die Luft. 

 

Was ich so sehe, hat sich der ganze Aufwand gelohnt. Sieht sehr cool aus von oben. Meine Hände, eiskalt von der ganzen Kalibriererei schon eiskalt, werden beim Flug nun noch kälter und tauber. Bald schon schwierig, die Steuerknüppel der Drohne zu spüren. Dabei nur minus 4 Grad, aber ein leichter und ganz gemeiner Wind. 

 

Zum Glück bekommt Friedrich meine kalten Hände nicht mit, das würde nämlich in einer Schimpftirade seinerseits enden, mit dem Titel: Zieh dir Handschuhe an!
Vom Co-Pilot gäbe es wohl nur einen mitleidigen Blick.

 

Nachdem die Drohne eingepackt ist, die Dieselheizung freigebrannt und Zottl aufgeräumt, machen wir uns auf den Weg. Vardø, 120 km von hier, Halbinsel, Endstation im Winter, knapp 2.000 Einwohner, die NATO observiert dort Weltraumschrott und es gibt einen schönen exponierten Parkplatz mit Blick aufs Meer. Super….na, wenn ich wüsste!

 

Bei Sonne fahren wir ab, Fahrbahn wie immer rutschig, an Steigungen und Kurven aber gesplittet und angeraut. Wir können gut mit 80-90 km/h dahin fliegen. Was uns immer wieder langsamer werden lässt, ist die Filmerei. Die Landschaft ist atemberaubende schön und ich sau froh, dass ich das gestern nicht alles bei Dunkelheit gefahren bin. 

 

 

 




Kurvig, hoch und runter, felsig, Blick aufs Meer immer wieder. Einfach der Hammer! Und all das bei Sonnenschein. 

Die Fahrt verläuft super, die Landschaft ändert sich von felsig zu flach und einmal biegen wir um eine Kurve und es beginnt zu schneien. Huch! Wo kommt das denn her? Die Sicht wird sofort schlechter. Aufgewirbelter Schnee sorgt immer wieder für kurzfristige White Outs wenn Gegenverkehr kommt. Lustig ist auch, hier fährt niemand dicht auf. Angst vor Splitschlag und wegen des vielen Schnees den jedes Fahrzeug aufwirbelt. 

 

In Varangerbotn biegen wir von der E6 auf die E75 ab. Diese Europastrasse startet übrigens auf Kreta und endet in Vardø. Nun fahren wir  auf der anderen Fjord Seite die ganze Strecke wieder zurück. Der Schneefall verflüchtigt sich irgendwann  und rechts von uns hängt die Sonne tief am Himmel, 14 Uhr rum, der Sonnenuntergang beginnt schon wieder. Mit Wolken, Nebel sieht es genial aus und wird uns noch länger verfolgen. Die Untergänge dauern ewig.

 

Bis Vadös, das so auf halber Strecke nach Vardø liegt, ist noch etwas Verkehr, danach ist immer weniger los. Die Straße in gutem Zustan, gut geräumt. Unterlage: Eis und etwas Schnee. 

 

Die Strecke zieht sich enorm, führt praktisch die ganze Zeit am Meer entlang und bei Sonnenuntergang gibt es, so wie heute, ein grandioses Licht. Doch das Wetter bei uns verschlechtert sich zunehmend. Während im Rückspiele der Sonnenuntergang rot glüht, nimmt bei uns der Wind zu, die Wolken und die Dunkelheit. 15 Uhr durch, die Nacht droht noch vor unserer Ankunft in Vardø über uns herein zu brechen.

So gebe ich Zottl etwas die Sporen, was aber immer schwieriger wird. Die Straße enger, bei Gegenverkehr muss teilweise bis Schrittgeschwindigkeit abgebremst werden, zudem immer mehr verwehter Schnee auf der Strecke. Auch wird der Wind gefühlt stärker!

Als uns dann ein Schneepflug entgegen kommt, müssen wir ganz rechts an den Rand und stoppen, als ich wieder los will, hat Zottl sichtlich Mühe, gute Traktion vorne rechts zu bekommen. Er kämpft ein paar Sekunden…steckenbleiben oder zurück in die Spur? Zum Glück entscheidet er sich für letzteres…wir rollen wieder an. Puh! Das war knapp!

Mit zunehmender Dunkelheit, schlechter werdendem Straßenzustand und immer mehr Wind, düsen wir weiter. Die Schneewehen werden ausgeprägter, länger und tiefer. Noch ein Schneepflug kommt entgegen. Warum säubern die eigentlich nur die andere Seite? Wo ist der Pflug für unsere Seite?
Unsere Spur verlegt sich so immer mehr gen Mitte-links. Rechts zu viel und teils auch echt tiefer Schnee. Jetzt heisst es, Zottl in Schwung halten, bloss nicht in einer 30 cm Wehe festfahren.   Gegenverkehr versuche ich möglichst ausserhalb von Schneewehen im Schritttempo zu passieren, ansonsten mit 80 über die Strecke. Aber auch nicht zu schnell, wir wollen ja nicht von einer Schneewehe ausgehebelt werden und abfliegen. Der Grad ist schmal. Wie bei Aquaplaning.
 

                 

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Aber, für die Verhältnisse läuft es recht gut. Zottl leistet gute Arbeit, die Nokia Snowproof C auch. Wir halten unseren Speed und die Traktion. Aber es ist echte Arbeit und anstrengend. Ein Auge scannt den rechten Rand und die Schneewehen, das andere schaut in die Ferne und checkt den generellen Fahrbahnzustand. Von Co-Pilot und Friedrich ist nicht viel zu hören. Wattig leise bei den beiden.

Immerhin, wenn wir hier steckenbleiben, werden wir nicht erfrieren. Die Temperatur gerade mal bei minus 1 bis 2°C.

Irgendwie unfassbar ist, dass hier noch weitere Ortschaften, Weiler kommen. Was machen die Menschen hier oben? Von was leben sie? Wo arbeiten sie? Hier ist weit und breit nichts!

Kurz hinter Kirchberg komme ich an eine beleuchtet Schranke, zum Glück offen. Kurzfristig mal keine Schneewehen, dafür Eis. Ziemlich pures Eis. Erst bergauf, da behalten wir unseren Speed, danach bergab….ich drossel auf 30 km/h und schleiche den Berg runter. Und kurz darauf sehen wir Vardø. Auf dem Festland noch der Flughafen der bis zu  13.000 Passagiere jährlich abfertigt,  und davor, auf einer kleinen Insel, kauert Vardø in der Barent See. Wow!

Die größte Überraschung kommt aber, als ich auf die vermeintliche Brücke zufahre…die sich dann als fast 3 Kilometer langer und 88 Meter tiefer TUNNEL herausstellt. DA bin ich echt kurz geflasht.

Der erste Unterwassertunnel Norwegens. Krass! Für 2.000 Einwohner so ein Monsterbauwerk…das ist schon gewaltig. Und schon tauchen wir ab. 

Jungs, Watte anhalten…wir gehen auf Tauchgang! Große Augen schauen mich an und Friedrich prüft, ob sein Fenster richtig geschlossen ist. 

 

 


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Steil geht es bergab, auf der anderen Seite noch steiler bergauf. Unten in der Talsole 0°C. Und nach knapp 3 km werden wir ausgespuckt und stehen wieder voll im Winter, vor uns liegt Vardø. 

 

Was für eine krasse Fahrt hier hoch, das ist nix für Leute, die nicht gerne bei Schnee und Eis fahren. Die fliegen besser oder kommen im Sommer her. Noch nie durch so viele Schneewehen gejagt. Zum Teil 30 cm tief und im Heckspiegel sah der auffliegende Schnee aus wie ein Tornado. Absolut krasse Tour heute! Aber angekommen. In Sicherheit.


Mit dem letzen Tageslicht rollen wir nach Vardø rein, am Kino und Hallenbad vorbei, durch die Hauptstraße und so lange weiter geradeaus, bis es nicht mehr weiter geht. So wie immer halt bei uns!
Ein exponierter Parkplatz am Ende der Insel mit Blick aufs Meer und die Insel Reinöya. Geil! Kein sonstiger Camper hier, auch schon lange keinen anderen mehr gesehen, ein Volvo steht hier rum, fährt aber kurz darauf ab. Schnell noch ein paar Fotos und dann wieder ab in Zottl.

Bis 22 Uhr stehen wir auf diesem Platz, doch bemerke ich, dass der Wind deutlich zunimmt. Auch die App Windy bestätigt dies. 50-60 km/h soll es geben. Auch der Schnee fliegt gegen Zottl’s Außenhaut, was kein angenehmes Geräusch ist. So entscheide ich: wir fahren ins Dorf und stellen uns Downtown irgendwo hin.

Schnell ist auch gefunden wo: am Hallenbad. Mit dem Heck zum Meer. Hier werden wir ne Nacht gut stehen können. Sicher nicht super ruhig morgen früh, aber das ist egal. Hauptsache nicht voll im Sturm und Schneeflug. 

 

Den Abend verbringe ich wie immer mit schneiden, gehe um Mitternacht schlafen und überlege schon, wo wir morgen weiter hin fahren….oder doch noch n Tag bleiben? Mal schauen…


Gute Nacht und viele Grüsse

 

 

 


Kai und die zwei Staubfänger

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