Oh, oh....ich stecke fest und muss mich selbst retten

Guten morgen schöne weiße Welt!

Um 7:30 Uhr ist die Nacht zu Ende. War sie gut? Naja...irgendwie ist die erste Nacht im Camper nie soooo toll. Die Zweite ist meist deutlich besser.

ABER: unter all den ersten Nächten die ich auf Trips nun hatte, war dies die Beste. Also, kein Gemaule.

Aufstehen?....Neee.....noch etwas liegen bleiben. Rollo hoch...weiß. Hat's geschneit...schwer zu sagen, wenn ja, nicht so viel. Gut.

 

Ich stehe dann doch irgendwann auf, hilft ja nix. 

Draußen höre ich vertraute Geräusche, ein Schneepflug macht die Passstraße frei. Dann hat's wohl doch etwas geschneit. Na egal, wenn sie jetzt schon putzen, ist die Straße sicher okay bis ich losfahre.

Ich sollte aber mal so was von falsch liegen!

Die Pflüge fahren noch ein paar mal vorbei. Es hatte über Nacht auch die ein oder andere heftiger Windböe gegeben, aber nicht so schlimm wie auf dem Lukmanier. Alles im Rahmen.

 

Ich beginne mein Frühstück zu machen, Kaffee und Porridge. Wie immer, simple aber gut. Vor allem hab ich kein Kühlzeug dabei, das den Kühlschrank füllt, und kein Brot, dass mir den Kasten vollkrümelt.

Ich frühstücke gerade, als ein beschneeketteter Traktor auffährt, große Schaufel vorne dran, und beginnt in gewissem Abstand zu meinem Platz, zu räumen. Die Schneemassen welche er bewegt, sind bedeutend größer als die der Schneepflüge der Straße. Ich freu mich schon, dass er den Parkplatz räumt, so dass ich nachher gut rauskomme. Evtl. muss ich ne kleine Schneemauer platt machen, die er vor mir aufbaut, aber damit komm ich klar. Er arbeitet sich um mich rum und lässt aber in alle Richtungen zu mir noch viele Meter ungeräumten Schnee über. Irgendwann ist er weg und ward nicht mehr gesehen. Hm...komisch.

 

Vielleicht wartet er, dass ich mich vom Acker mache, so dass er ohne Hindernis sauber den Parkplatz räumen kann? Gut, ich packe meinen Kram zusammen, verstaue alles und bin fertig zur Abfahrt. Bevor ich mich jedoch in Bewegung setze, schaue ich mir das Elend draußen an. Mittlerweile hat auch deutlicher Schneefall eingesetzt, der gefühlt immer stärker wird. Ich bin im nu weiß als ich vor die Tür trete. 

Meine Aufmerksamkeit gilt den Schneewällen die der Traktor rund um mich aufgetürmt hat. Zur Straße hin sind sie am höchsten, geradeaus vor mir am wenigsten ausgeprägt. Somit ist klar, ich fahre erstmal gerade aus über den seichten Wall und dann scharf links um auf die Straße zu kommen. Da ist zwar auch ein Wall, aber auch nicht so hoch. Dennoch, irgendwie beschleicht mich ein ungutes Gefühl. 

Es schneit nun sehr dicht in große Flocken. Ich setze mich ans Steuer, betätige den Scheibenwischer. Der Schnee verschwindet, was bleibt ist die feuchte Innenscheibe. Verdammt, das hatte ich ja ganz vergessen. Ich versuche die Scheibe mit einem Handtuch zu trocknen, hilft jedoch nur bedingt. Ich sehe noch immer nicht genug. Also, Motor an, Umlauft, Gebläse auf Scheibe, Klimaanlage zur Entfeuchtung an, Temperatur auf "so warm wie möglich". Es dauert bis ich Sicht habe.

 

Eine gefühlte Ewigkeit später, freie Sicht. Traktion+ aktivieren, 1. Gang und los geht's. Erstmal durch das Schneefeld auf den kleinen Schneewall zu. Zottl setzt sich in Bewegung und ich freue mich schon. Allerdings, obwohl ich leicht links lenke, fährt er geradeaus. Hä? Ich setzte ein ganzes Stück zurück, fahre wieder an und lenke...ah..jetzt fährt er auch links. Gut. Zottl beschleunigt und mit Schwung geht es über den kleinen Wall, erst Vorderachse, dann lenke ich schon nach links ein, dann auch die Hinterachse.

Nun noch den Wall zur Straße. Der ist höher. Vorderachse geht drüber, ich verliere Schwung, merke erst jetzt das der Untergrund leicht zu Straße ansteigt. Traktion wird schlechter. Zottls Hinterachse hat keinen Bock der Vorderachse zu folgen und bleibt jenseits des Wall hängen. Vor, zurück, mehrfach. Die Hinterachse will nicht. Der Wall ist zu hoch, an der Vorderachse nicht genug Traktion. Motor aus. Raus in den starken Schneefall. Elend anschauen.

 

Der Wall ist definitiv zu hoch, auch unter dem Auto. Der Grauwassertank hat schon leicht Kontakt. So wird das nix. Ich fange an zu graben, räume den ganzen Schnee unter Zottl so gut wie möglich weg. (Erinnerung an mich: wenn Du schon feste Snowboard Handschuhe dabei hast, dann zieh sie an wenn Du sowas machst!!!!!!! Depp!)

Ich mache es mit bloßen Händen, hab keinen Bock ins Auto zu rennen und die Handschuhe zu holen. (Weitere Erinnerung an mich: vergiss nächsten mal die kleine Schneeschaufel nicht zu Hause! Depp!).

Ich buddle so vor mich hin, Autos fahren vorbei, ein Werkstattwagen irgendeiner Firma hält in 30 m Entfernung eine ganze Weile. Ich buddle und hab irgendwann den Schnee unter dem Auto weg. Leider nicht alles, ein kleiner Wall bleibt, da komplett gefroren. Ich starte einen Versuch. Motor an, Gang rein, Traktion+ und los. Ich fahre an, aber es reicht nicht. Die Hinterachse schafft es nicht über den verbleibenden Wall. Vorne kaum noch Trakion. Eis. F***!

 

Es scheint, als hätte ich diesmal zu hoch gepokert. Ich stecke fest. Die Vorderreifen haben nicht genug Grip, unter dem Schnee ist Eis. Es geht nix mehr. Oh man....da steh ich nun in heftigem Schneegestöber und bin irgendwie selber Schuld. Wer hilft einem in einem solchen Fall?

 

Ich mir selbst natürlich!!!

Ich bin vorbereitet. Wer Wintercamping macht, sollte IMMER, ob er nun mit Allwetter- oder Winterreifen unterwegs ist, Ketten dabei haben. Ich habe meine Pewag natürlich in Zottl liegen. ABER: ich habe sie noch NIE aufgezogen. Einzig studierte ich gestern Abend die Bedienungsanleitung. Dies kommt mir nun jedoch massiv zur Hilfe!

 

Das Aufziehen ist in max. 4-5 Minuten pro Rad gemacht. Absolut einfach. Die Ketten sind selbst spannend. Nach 10 min bin ich fahrbereit, mit Ketten auf der Vorderachse.

Rein ins Auto, erstmal Motor an und etwas warten. Scheibe wieder angelaufen und meine Finger aber mal so was von saukalt. Nach weiteren 5 Minuten geht's los. Wiederum den ersten Gang rein, Traktion+ und los. Wir bewegen uns, langsam. Die Ketten greifen. Kein Durchdrehen, die Hinterachse macht keine Probleme, folgt brav über den Wall. Wir sind frei!!! Ich habe neue Freunde gefunden! Meine Schneeketten, Pewag 37151 Servo SUV RSV 80, 225/75 R16! 

  

Ich stelle mich parallel zu Straße, steige aus, schaue ob die Ketten gut sitzen und sich gespannt haben. Japp, alles top. Schnell wieder in den warmen Zottl. Durchschnaufen. Weiter geht's. Jetzt muss ich "nur noch" den Pass wieder runter. 

Die Straße ist komplett verschneit, mit Ketten fühle ich mich aber sicher. Das Gefälle hat es durchaus in Sich. Mit Bergabfahrhilfe und 10-15 km/h schleiche ich den Berg runter. Bin ganz alleine. Passiere Abschnitte an denen es links aber mal richtig im freien Fall runter geht. Da findet mich keiner wenn ich da runter schleuder.

Ich schleiche vor mich hin, lasse die Ketten und Zottl ihren Job machen. Komme gut durch alle Kurven, falle keinen Abhang runter. Nach einer gefühlten Ewigkeit wird die Straße weniger verschneit und matschiger. Man spürt nun die Ketten deutlich auf dem Asphalt und es wird Zeit, sie zu entfernen. Ich halte an einer unbemannten Tankstelle. 

 

Das Abziehen der Ketten ist noch einfach als das Aufziehen. Schnellspanner lösen, drei Haken entfernen, schon liegt die Schneekette am Boden. Jetzt noch einen halben Meter vorrollen. Gut ist.

Die Ketten sind runter, weiter fahre ich wieder auf Gummi. Eine Zeit lang ist noch Schneematsch auf der Straße, später alles sauber. Läuft!

 

Bevor es nach Hause geht, muss ich noch entsorgen, dies erledige ich auf der Autobahnraststätte Luzern-Neuenkrich (47°06'37.7"N 8°14'04.0"E). Frischwasser gibt es zwar keins, ist aufgrund Kälte abgestellt, aber entsorgen geht dennoch. Schöne Ver- und Entsorgungsstation, abgetrennt von der Fahrbahn, keine Gefahr über den Haufen gemäht zu werden von anderen Verkehrsteilnehmern. Hinzu kommt, dass alles kostenfrei ist. Sowas hat fast schon Seltenheitswert in der Schweiz. 

 

Es regnet fröhlich vor sich hin.

 

Weiter geht's nach Hause. In Schwyz von der Autobahn, dann bergan. Auf halber Strecke geht der Regen in Schnee über. Vor der Haustür muss ich noch unseren Hausberg hoch. Zum Glück sind gerade die Räumfahrzeuge unterwegs. Allerdings sind sie noch nicht fertig. Es liegen wieder Schneewälle auf der Straße rum. Ist das hier eine Wallfahrt???

Egal, mit Schwung und behutsamem Gaspedal, bekomme ich Zottl geparkt. Es war knapp aber es hat gereicht. Ausladen, Schneeketten in heißem Wasser reinigen, Feierabend! War geil!

 

Bis zum nächsten Trip! :)

 

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Kommentare: 4
  • #1

    Jens (Freitag, 15 Dezember 2017 08:56)

    Wer Abenteuer sucht, der findet sie - auch in der Schweiz ;-)
    Kai, danke für den Trip. Als wäre man dabei gewesen!
    Das nächte Mal aber mit Schaufel. Auffahrkeile wären vielleicht auch gar nicht verkehrt.
    Grüsse
    Jens

  • #2

    Kai (Freitag, 15 Dezember 2017 17:15)

    Hallo Jens,

    ja, man muss nicht immer um die Welt reisen um den Puls steigen zu lassen. :) Auch wenn ein Abenteuer auf einem anderen Kontinent natürlich schon eine ganz andere Liga ist.

    Japp, die Schaufel geht nächstes mal mit, das ist sicher!
    Auffahrkeile..hm...hab schon paar mal drüber nachgedacht aber immer wieder verworfen. Ich glaub, ich würde sie einmal verwenden und dann nie wieder. Viel zu viel Aufwand nur um das Auto gerade stehen zu haben. Ein bisschen schräg finde ich gut, passt zu mir...haha.... Wenn der Platz zu schräg ist, ziehe ich einfach weiter.

    Schräge Grüsse :)
    Kai

  • #3

    malofix (Montag, 25 Dezember 2017 11:24)

    Hallo Kai
    Dein Blog ist richtig schön
    Vergiss nicht deine Schaufel wenn wirzusammen fahren
    (falls es schneit)

  • #4

    Kai (Montag, 08 Januar 2018 16:24)

    Hallo Malofix,
    freut mich sehr wenn Dir mein Blog gefällt.
    Die Schneeschaufel liegt mittlerweile in Zottl. Alles bereit für das nächste Abenteuer.
    Hoffe, wenn wir unterwegs sind, benötigen wir keine Schaufel sondern T-Shirt und kurze Hose.
    Viele Grüsse
    Kai