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Sustenpass, Steingletscher #3- Noch immer hier...was ist los mit mir?

Guten Morgen zusammen,

 

Es kommt nicht allzu häufig vor, dass ich an ein und demselben Ort zwei Nächte bleibe. Bin ja eigentlich lieber unterwegs und schaue mir neue Plätze an. Wenn aber ein Ort so schön ist wie dieser, so weiß ich das auch zu schätzen und bleibe etwas länger. Und hier, hier könnte ich eine Woche stehen und hätte noch immer nicht genug. Wo will man auch hin, wenn man umgeben ist von hohen Bergen, einigen Gletscherzungen und dazu noch angenehme Temperaturen genießen darf. Viel los ist auch nicht. 

Das Wetter sieht noch nicht so vielversprechend aus. Ich hoffe einfach, es verhält sich wie gestern und reißt gegen späten Vormittag auf. Somit erstmal ein chilliger Morgen. Die Nacht war nicht so gut. Schlecht geschlafen und ein Alptraum. Keine wirklich gute Mischung. 

Den heutigen Tag will ich noch so lange wie möglich hier verbringen. Zudem ist da ja noch der Gletscher der besucht werden will. Da ich jedoch nicht sooo gerne laufe, plane ich zum nächst höheren Parkplatz zu fahren um von dort zu starten. So ist der Weg kürzer. :)

Erstmal frühstücke ich, sehe wie der Parkplatz sich füllt und fühle mich immer unwohler bei so viel Volk um mich rum. Hier unten auf dem untersten Parkplatz, parken all jene, die später weiter hinten im Tal klettern gehen. Das sind ganze VW Bulli Beladungen an Menschen. 

 

Was langsam etwas stört ist der Müll. Hier gibt es weit und breit keinen Mülleimer. Die könnte man hier gerne mal noch hinstellen. 

Während ich auf besseres Wetter warte, lade ich noch eins meiner Nordkap Videos hoch, Esse ausnahmsweise mal pünktlich zu Mittag und stelle darauf bald fest, dass die Sonne die Oberhand am Himmel gewinnt. Dann also los. 

Ich packe alles zusammen. Mein Co-Pilot schaut seelenruhig zu, macht keine Anstalten zu helfen oder aufzustehen. Er liegt noch immer im Bett und pennt. Für die gleich zu fahrende kurze Strecke, findet er, brauche es ihn auch nicht. 

Toll, wenn man so einen dabei hat. Wirklich nützlich! Sollte ihn hier aussetzen.... aber selbst diese Drohung lässt ihn kalt, weiß er doch, ich würde es nie machen!

 

Als alles verräumt ist, schau ich draußen nach, wie ich aus meiner Parklücke komme. Bin leicht eingeparkt. Stelle aber fest, war schon schlimmer. Nach etwas vor und zurück bin ich frei und fahre vom Parkplatz runter, die schmale Straße den Berg hoch.

Keine 5 Minuten später bin ich im Bereich des zweiten großen Parkplatzes, davor gibt's einen kleinen "Zwischenparkplatz". Auf diesem ist noch ein schöner Stellplatz frei. Rückwärts rangiere ich Zottl rein, bloß keinen Fehler machen, sonst hänge ich mit Zottl im Wasser. Der Parkplatz ist an zwei Seiten von Wasser umgeben. Freitag konnte ich diesen Spot leider nicht belegen, stand doch schon ein Kasten dort.

 

Bei strahlend blauem Himmel mache ich mich auf den Weg. Die Drohne begleitet mich im Rucksack. Auf zum Steingletscher. Erstmal geht es durch die Ebene bevor der Weg dann steil ansteigt und ein Pfad wird. Steil, stein- und felsig geht es bergauf. Vom Gletscher nix zu sehen. Die Richtung stimmt aber....hoffe ich.
Nach dem Anstieg geht es oben leicht ansteigend weiter. Ein Pfad gesäumt von Felsen. Dennoch gut zu laufen. Nach ein paar Minuten sehe ich die erste Herausforderung. Mit ordentlichen Wanderlatschen sicher kein Problem. Ich habe aber meine Nike Sportschuhe an. Die haben eine Waffelsole immerhin, können allerdings mit guten Wanderschuhe nicht mithalten. Was ich sehe? Es ist weiß, kalt, schräg und rutschig....ein Schneefeld. 

Wirklich drüber? Logisch, keine Frage! Als Wintersportler kennt man das Gefühl auf Schnee, wird schon schief gehen. Dennoch, bevor ich den ersten Fuß drauf setze, noch kurz ein Satz in die Kamera, falls ich hier abschmiere: War toll mit euch, Danke fürs dabei sein!!
Anschließend mache ich mich auf den Weg über die rutschige Masse. Ich laufe wie auf Eiern, vorsichtig, kleine Schritte. Zum Glück ist es nicht mörder schräg und es sind vor mir natürlich schon welche über diese Stelle marschiert. Ich laufe somit in ihren hinterlassenen Abdrücken.

       

Einige Meter später bin ich drüben, wieder sicheren Boden unter den Füßen. Einige hundert Meter später sehe ich das Ziel. Wow, was für ein Anblick. So nah und so einfach kommt nicht häufig an Gletscher ran. Ein gewaltiger Anblick. War ich während der Wandung alleine, sehe ich nun eine ganze Bande auf dem Gletscher rum stehen. Wie die Orgelpfeifen. Keine Ahnung was sie da treiben. Bis dort wie die stehen, komme ich nicht. Dafür müsste ich über ein Schneefeld berghoch laufen. Das will ich mit meinen Schuhen nicht. War aber auch nicht das Ziel.

Viel eher will ich zur Gletscherzunge runter. Und das geht. Ist zwar etwas Kletterei und benötigt hier und da auch die Hände. Einige Minuten später stehe ich am der Zunge unten, leicht nasse Schuhe weil überall Wasser entlang läuft, aber ein Hammer Anblick. Das Wasser rauscht von unter dem Gletscher hervor. Die Gletscheroberfläche ist schwarz. Am Wasseraustritt hat sich eine Höhle gebildet die an der Decke bläulich schimmert. Was für ein Anblick!!!! Wenn ihr hier jemals seid, schaut euch das an! Die Anstrengung lohnt sich. Hier könnte ich jeden Tag hinlaufen.

Das Wasser fließt kurz auf einer Eben entlang und stürzt sich dann den Hang runter. Das Ganze sieht aus wie ein Infinity Pool. Nur dürfte es nicht die Wassertemperatur eines solchen besitzen. 

Vom Gletscher weht ein eisiger Wind und ich bereue es ein wenig, dass ich meine Windjacke nicht mitgenommen habe. Nach einer echten Film- und Fotosession, einer kurzen "Begehung der Gletscherzunge", so dass ich sagen kann, ich stand drauf, steige ich wieder etwas auf um von erhöhter Position das nächste Abenteuer in Angriff zu nehmen. Ein Drohnenflug über den Steingletscher.

Ruckzuck finde ich einen guten und ebenen Platz für den Start der Drohne. Auspacken, anstellen, alles verbinden, ab gehts. Meinen Homepoint kann ich wieder mal nicht setzen. Kein GPS Empfang. Fliegen geht dennoch.

Ich fliege recht weit, irgendwann kommt ein Wanderer vorbei und gesellt sich zu mir und schaut auch gebannt auf mein Handy welches als Display in der Steuerung meiner DJI Mavic Pro klemmt. 

Nach einiger Zeit schaue ich unten rechts auf den Bildschirm wo normalerweise die Landkarte angezeigt wird und eine blaue Linie meinen Standpunkt und den Standpunkt der Drohne verbindet. So findet man immer ohne Probleme zurück. Tja, was soll ich sagen: da is nix. Keine Standorte, keine blaue Linie. Nix. Im Prinzip habe ich somit keinen Plan wo die Drohne gerade ist. Zum Glück hab ich noch Videoverbindung. Wenn die jetzt ausfallen würde...die Drohne käme nie wieder zurück. Das geht mir etwas durch Mark und Bein, der Flugstresslevel steigt etwas, ich bleibe aber ruhig. Panik hilft jetzt auch nix. Dennoch drehe ich die Drohne sofort um und mache mich auf einen langen Rückflug. Die Navigation funktioniert via Handy Display auf dem ich ja die Bilder der Drohnenkamera empfange. Ich orientiere mich an dem Gletscher Verlauf. Dennoch ist es enorm schwer, die Drohne zu lokalisieren. Die Drohenkamera zeigt die Bilder stark weitwinklig, was alles etwas anders erscheinen lässt. 

Der Wanderer, welchem ich kurz die leicht prekäre Situation beschrieben hatte, sucht den Himmel mit seinem Fernglas ab nachdem ich ihm die ungefähre Position der Drohne mitgeteilt hatte. Und irgendwann ruft er: Ich seh sie!!! Auf ca. 200 m Höhe fliegt sie auf die Gletscherzunge zu. Ich bin deutlich erleichtert, behalte sie nun gut im Auge und lande sie sicher auf unserem Felsen. 

Danke André für Deine Hilfe! Denn: Bildschirm schauen und Drohne am Himmel suchen ist nicht sooo einfach. Das zweite Paar Augen war eine große Hilfe!
Im Anschluss: landen und durchschnaufen.

Der Wanderer begibt sich an den Fuß des Gletschers und ich wage noch einen weiteren Flug, jedoch nur im näheren Umkreis. Selbst das ist schwierig, hebt sich die graue Drohne gegen den grauen Fels doch recht schlecht ab.

Eine Akku Ladung später landet die DJI Mavic Pro wieder auf meinem Felsen. Alles gut gegangen. Ich genieße noch den Ausblick in alle Richtungen und bemerke, dass sich von hinten etwas anschleicht. Was? Schlechtes Wetter....es hat mich wieder gefunden! Verdammt!
Ich packe meine ganzen Sachen wieder zusammen, und mache mich auf den Rückweg. Auf halber Strecke bemerke ich die ersten Regentropfen. Als ich André den Wanderer einhole, er untersucht gerade die Zielscheiben am Berg welche von Schießübungen des Schweizer Militärs übrig geblieben sind, beginnt es immer stärker zu tröpfeln. 500 m vor Zottl regnet es dann so, dass wir doch noch schön nass werden. Danke auch dafür!!!

Ich begebe mich in Zottl und stille meinen Hunger mit selbst gebackenem Kuchen. Nicht von mir. Sondern von der Frau eines Arbeitskollegen. Danke Darko fürs Mitbringen! Sehr lecker! Und er rettet mir jetzt das Leben, hab nämlich echt Hunger...und keine Lust zum kochen!

Als ich mit dem Kuchen fertig bin, scheint draußen schon wieder die Sonne. Verrücktes Wetter. Als wäre nix gewesen. Und was mache ich jetzt. Genau, Instagram Fotos hochladen. Und dann? Nach Hause fahren? Es ist 15:30 Uhr und tollstes Wetter bei angenehmer Temperatur. Ich will nicht nach Hause, da wartet ohnehin nichts und niemand auf mich. Das WM Finale, Kroatien - Frankreich, interessiert mich auch nicht wirklich. Frankreich gewinnt das Ding eh.

Also bleib ich noch hier. Bis so 17:30 Uhr. Ruhig hier jetzt, alles Wanderer und Tagestouris schon weg. Eigentlich nur noch ich hier. Ich liebe es hier oben.

Die Rückfahrt über den Sustenpass verläuft problemlos. Nix los, nur ein paar Moped Fahrer. Heute fahre ich über Luzern zurück, muss ja in Zug noch entsorgen.
Nach der Entsorgung teste ich nochmal den PAJ GPS Tracker. Sobald Zottl sich nur nen Millimeter bewegt, gibt der Tracker eine SMS an mein Handy und meldet damit den "Diebstahl". Ich werde das Teil in Zottl liegen lassen und auf den nächsten Touren weiter testen. 

Von der Entsorgung geht es über ruhige Sonntagabend Straßen weiter nach Hause. Wochenende rum. Morgen ruft wieder die Arbeit.

Viele Grüsse und vielen Dank fürs mitreisen.

 

Kai

GPS Koordinaten:

Parkplatz 1: 46°43'27.3"N 8°25'49.6"E

Parkplatz 2: 46°43'04.3"N 8°25'23.0"E

 

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