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#365 Wir brauchen Schneeketten und haben Haarprobleme

Donnerstag, 03.03.2022,   Indre Billefjord - Bucht an der E69

 

 

Guten Morgen,

 

Mitten in der Nacht wache ich auf…mir ist warm! Verdammt warm! Was ist los? Brennt Zottl? Hat der Co-Pilot Hitzewallungen? Macht Friedrich ein Lagerfeuer in Zottl?
Oder ist es die Heizung?

Schlaftrunken wie ich bin, vergesse ich dass ich ne Truma iNet Box habe und die Heizung aus der Ferne steuern kann…stehe somit auf, tapse nach vorne zum Control Panel der Truma…21 Grad. Kein Wunder ist mir sau warm unter meinem Federbett. 

Ich reduziere auf 16°C, schwanke wieder zurück in Bett und schließe die Augen….


Nächster Halt…5:45 Uhr…wach….Alter! Was ist los!?!? Das ist ja noch früher als in den letzten Tagen. Draussen dämmert es schon leicht, die Wolken hängen tief und ein Wind geht. Also alles wie immer. Doch ein Blick auf die andere Seite zeigt…hm…ein Stück Himmel ohne Wolken…verheissungsvoll!

Ich bleibe, auch wie immer, noch liegen. Eine meiner größten Schwächen, wie ich festgestellt habe. Nehme aber mein Handy an mich und beginne Social Media zu bearbeiten.

 

Um 7 Uhr stehe ich endlich auf, hole den Laptop hervor, setze mich in die Dinette und schreibe den Blog von vorgestern. Japp, ich bin hinterher! Der Schlendrian hat eingesetzt. Das muss aufhören. 

 

1,5 h schlage ich auf die Tatstatur ein, dann ist der Blog in der Rohfassung fertig. Das muss reichen. Jenen von gestern schreiben ich…nachher!

Jetzt mal ordentlich anziehen und so langsam klar machen für die Abfahrt. Die dürfte heute unspektakulären werden. Keine Berge, keine Probleme. Ja….wenn ich wüsste wie es unter Zottl aussieht….

 

Frühstück fällt aus, noch kein Hunger. Dann checke ich die Route, suche einen Parkplatz mit Toilettenhäuschen auf P4N, 20 km von uns entfernt, da machen wir dann Rast, duschen und frühstücken gemütlich. Mache ich noch gerne, erst etwas fahren, dann irgendwo stoppen und Dinge tun… BioToi Urin Behälter könnte auch noch geleert werden. Ist zwar nicht voll…aber was leer ist, fasst wieder mehr. 

 

Vor der Tür, muss ja mal kurz noch die gute Luft schnuppern, empfängt mich unter Zottl eine durchgängige Eisplatte. Gestern Tauwetter, heute wieder leichter Frost. Uff….wir müssen über unsere eigene Eisplatte rückwärts drüber. Wenn das mal gut geht. Aber immerhin rückwärts und leicht bergauf, also mehr Druck auf der Vorderachse und den Rädern. 

 

Während ich draußen rumstreune, höre ich innen Gerumpel. Aha, Co-Pilot ist wach. Dann können wir ja gleich los. Friedrich ist schon länger auf.

 

So fahren wir ein paar Minuten später auch schon ab. Ich stelle noch schnell ein paar Kameras auf, und im Anschluss rolle ich, leicht bergan, rückwärts aus unserer Parkbucht. Keine durchdrehenden Reifen, kein Drama. Alles easy! Wow! Das Eis ist hier definitiv griffiger als in der Schweiz.

 

 




Ich drehe Zottl um 180 Grad und wir düsen ab. Die Nebenstraße ist geräumt, Schneepflug kam um 6 Uhr, aber nicht gesplittet. Ziemlich glatt also. Doch kommen wir gut voran. Kurz vor der E69 schweift mein Blick nach links, denn von dort kommt der zaghafte Sonnenschein der durch diverse Wolkenlücken eindringt, und sehe einen umgewehten Wohnwagen! Lag der da gestern auch schon? Ist der heute Nacht umgeweht worden? Sooo stürmisch war es doch nicht…oder doch?

 

Das Rätsel bleibt ungelöst, wir biegen in nördlicher Richtung auf die E69 ab und erleben unser eisiges Wunder. Der Untergrund ist eine Eisplatte geworden, sau glatt, teils könnte man Schlittschuh laufen auf dem Eis. Immerhin liegt etwas Splitt rum, dennoch drossel ich unsere Geschwindigkeit auf 50 km/h. Immer wieder Kurven durch die wir teils noch langsamer rollen. Einmal merke ich auch, wie wir, das erste Mal überhaupt, in einer Kurve leicht ins Rutschen kommen über die Vorderräder. So glatt war es wohl noch nie auf unserer Tour. Und das auf einer E Straße. Krass!

So folgen wir der Küstenlinie gen Norden. Das Wetter wechselt von heiter bis wolkig, über Schneeschauer bis Sturm. Hinter jeder dritten Kurve ist es anders. Haben wir schon April?

Einige steile Passagen sind auch noch mit dabei, wir meistern allerdings alles mit Bravour und erreichen unsere Zwischenetappe. Ein geräumter Parkplatz. Super! Niemand da, wir parken 20 m vom Klohaus entfernt und ich gehe dieses sogleich inspizieren. 

Echte Toilette, ein Automat um WC Kassetten zu reinigen, hinter dem Klohaus eine normale Entsorgung. Perfekt! Grauwasser Bodenablass? Nope, sowas kennt man hier scheinbar nicht!

 

Egal, so kann ich nachher mein BioToi nochmal leeren und auch Frischwasser am Waschbecken im WC zapfen. Mit 4 Literbehälter und Gießkanne wird das super gehen. 

 

Jetzt aber erstmal, ne schöne heisse Dusche. Aber momentmal…rasieren noch…und meine Haare… Die sind schon wieder verdammt lang und nerven. 

 

So bereite ich meinen Langhaaarschneider vor, lege ein Verlängerungskabel ins Bad und will gerade starten, meine Haare auf 1 cm zu kürzen, als ich aus dem Cockpit was vernehme.
Ich muss vorweg sagen, ich hatte ewige Diskussionen mit Friedrich, unserem CFB (Chief Financial Bear) über Budget für einen Friseurbesuch. Immer wieder hab ich Anträge gestellt, immer wieder hat er abgelehnt. Begründung: es ist kalt, es ist besser mehr Fell…äh….Haare zu haben als weniger! Mein Argument, ich könne vor lauter Haaren im Gesicht, nicht mehr richtig sehen und das Fahren sei so gefährlich, liess er nicht gelten und stempelte es als Übertreibung ab. 

 

Ja, so ging das jetzt seit Tagen, wenn nicht sogar Wochen. Und jetzt knie ich hier vor meiner Duschwanne, Rasierer in der Hand und an den Haaren und aus dem Cockpit höher ich was!

                 

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Ich stelle den Rasierer aus und lausche…aha….hm…Friedrich…er meint ich solle googeln wo der nächste Frisör sei….mache ich … Honningsvag…finde und rufe ich in Richtung Cockpit… Liegt sogar aufm Weg….

Kurz Ruhe…ich höre richtig, wie seine Watte knistert und er angestrengt nachwattet, ob es nicht doch eine andere Lösung, günstigere Lösung gibt…

Kurz darauf höre ich ein Murren…oder war das eine Windböe…hm… ich rufe: Friseur? Budget freigegeben? Wieder ein Murren…ich deute das einfach als JA! Lege den Rasierer weg und gehe duschen! Geht doch!!!

 

Erfrischt und sauber sitze ich ne halbe Stunde später am Rechner und schreibe den Blog von gestern. So mit sind wir wieder up to Date. Das Beruhigt! Nix schlimmeres als größer Rückstand beim Blog. Dann blicke ich irgendwann nicht mehr durch und alles verschwimmt.

 

Während des Blog schreibens, schaufel ich mir ne Portion Cornflakes rein und schaue den Schneeflocken zu, die durch die Landschaft jagen. 

Irgendwann, vermute es ist gegen 11 Uhr, fährt ein VW Grand California vorbei. Nummernschild kann ich nicht lesen, völlig verschneit. Ich denke mir nix dabei, schaue weiter mein letztes Video Korrektur 

 

Als ich wieder raus blicke, durch das Fenster der Dinette, sehe ich zwei echt große Gestalten dort stehen und Zottl betrachten. Hm…ich vermute, wir wurden erkannt. Schnell die Schiebtür auf, stehen vor mir Dirk und sein Kumpel. 

Und ja, sie haben mich hier zufällig gefunden. Das is ja mal n Zufall. Die beide, super nett, kommen gerade vom Nordkapp und sind nun auf dem Weg mit Zielsetzung Rovaniemi. Wir unterhalten uns sicherlich ne Stunde über Autos, Reisen, Berufe, YouTube, usw. 

Ihr Grand California mit 6,80 m ist mit Allrand und Sperre ausgestattet, aber auch die beiden sind ohne Spikes unterwegs. 

 

Nach ner Stunde und ein paar Fotos verabschieden wir uns, die beiden fahren ab und ich setzt mich zurück in Zottl und arbeite weiter. 

 

Gegen 13 Uhr kommt wieder Action auf. Zwischen den Schneeschauern befülle ich schnell den Wassertank von Zottl mit 40 Liter Frischwasser. Das dauert allerdings einen Moment, der Druck aus dem Wasserhahn im WC ist nicht der Größte. Dafür ist das Wasser aber warm. 

Aber vermischt mit dem eiskalten Wasser in Zottl, mache ich mir keine Sorgen über Bakterienentwicklung oder so. Zudem trinke ich das Wasser ohnehin nicht.

 

Bei wieder einsetzendem Schneefall beende ich die Action und mache Zottl startklar. Gestoppt werde ich durch ein Rentier, das hier komplett tiefenentspannt über den Parkplatz trottet. Schnell…Kamera….geiler Shot! Und es ist auch noch ein sehr schönes Tier!

 

Jetzt aber, Abfahrt. Wir sind auch nicht mehr alleine. Ein Hymer Grand Canyon Kasten steht 10 m von uns entfernt, höhergelegt und fette Bereifung. Na Friedrich, das wäre doch auch ein Gefährt für unsere nächsten Abenteuer, oder? Allrad, Sperren…ich beginne zu träumen…Friedrich schnappt sich sein Handy, haut drauf rum, zeigt mir im Anschluss das Display…What…weit über 100.000 EUR…uff…Traum geplatzt…wir fahren ab. Zottl ist toll! Wir lieben ihn!

 

 

 


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Es schneit mal wieder, ich winke dem Fahre des Hymer zu, er winkt zurück und schon sind wir wieder auf der eisigen E69. Nur das jetzt etwas Schnee auf dem Eis liegt. So jagen wir weiter gen Norden, Steigungen sind gesplittet, Geraden eher nicht. 

 

In Oldersfjord mache ich Zottls Tank voll, der Liter kostet 20,50 NOK, also über 2 Euro. Junge, junge…zum Glück müssen wir nur halb voll machen, denn halb war der Tank noch voll. Bei einer Volltankung mit 90 Liter…180 EUR…Friedrich wäre ausgeflippt und hätte wohl die Weiterfahrt untersagt. Wahnsinn….beides irgendwie!

 

Der Himmel macht weiterhin lustige Wetter. Schnee, Graupel, trocken, etwas Sonne…verrückt…Fuchs! Hä? Ja, da, am Straßenrand, ein Fuchs, er schaut zurück über die Strasse, als würde er auf jemand warten. Ich haue die Bremse rein, schalte vorher noch die Frontkamera ein und verzögere mit blinkendem und tackerndem ABS, ohne wirklich massiv langsamer zu werden. Zum Glück rennt der Fuchs, selbst scheinbar erschrocken, nicht wieder auf die Straße sondern verschwindet im lichten Dickicht…puh…ich löse die Bremse, Zottl beruhigt sich und wir beschleunigen wieder. 

Das hätte ganz schön Ärger gegeben im Team,, wenn ich hier einen Fuchs überfahre….wahrscheinlich wäre ein riesen Streit über den Pelz entbrannt. Wer bekommt ihn….?! 

 

Der Fjord neben uns schimmert teils türkies-grün, dann wieder etwas orange und dann wieder schwarz. Was für Farben. Hinter uns dunkele Wolken, vor uns freundlicher. 

Die Straße ist nicht weniger atemberaubende, meist direkt an der Küste entlang, total, aber wirklich total vereist! Eine langgezogene Eisplatte. Etwas Splitt liegt rum, aber ich muss höllisch aufpassen, denn auch kurviger wird es. Tunnel kommen, eine Konvoi Abschnitt Strecke, doch die Schranke ist hoch und wir können weiter fahren. 

 

Links hohe schroffe Berge, dann Eispiste, rechts ne Leitplanke, dann Meer! Faszinierend. Dazu der Schnee als Kontrast zu allem, das wechselnde Wetter. Unser Team staunt einfach nur und kann es nicht fassen, dass wir hier gerade wirklich entlang fahren. Es ist komplett surreal! 

Wieder einer der Momente, wo ich sage: alles richtig gemacht! Hohes Risiko gegangen, aber bisher auf der Gewinnerseite. Gut möglich, dass sich die Medaille mal kehrt, damit muss man immer rechnen, doch diese Momente, diese Erinnerungen, die gehören uns, die kann nichts und niemand uns nehmen! Ein Wahnsinn! 

 

Und so rollen wir, nachdem wir vor lauter Faszination unseren ersten möglichen Schlafplatz völlig übersehen haben, auf unserer Alternative zu. Und zwar eine seeerh coole Alternative. Parkplatz, direkt am Meer, in einer ruhigen Bucht, etwas versetzt von der Straße. Traumhaft. Der Himmel rechts blau, links Wolken. Ich stoppe auf dem Parkplatz auf unserer Fahrbahnseite. Direkt am Wasser, 5 m über NN. 

 

Schnell raus, das letzte schöne Licht nutzen. Gummistiefel….äh…stopp…wo sind meine Schneeketten für die Schuhe? Die brauche ich hier, es sieht spiegelglatt aus. Schnell sind die Dinger montiert, das erste Mal auf meiner Reise. Gekauft hatte ich sie bei Ali, gibts aber auch bei Amazon (https://amzn.to/3HGvJPu). Passen hervorragend an meine Gummistiefel und als ich über das Eis spaziere denke ich mir: Du Depp, seit 6 Wochen unterwegs bei Eis und Schnee…und jetzt erst kommst auf die Idee, die Dinger zu montieren….man, man, man!

 

Bequem zu laufen, top Traktion, null Rutschen. Ich hab mich verliebt! Die bleiben dran!

 

Filmen, Fotos und im Anschluss parke ich um auf den gegenüberliegenden Parkplatz, weg vom Meer. Der Camper der dort parkte als wir ankamen, ist abgefahren, somit kann ich den Spot nun belegen. 

 

Doch gar nicht so einfach. Zottl, ohne Ketten, tut sich schwer Traktion zu finden…aber mit sanftem Gasfuss und gut zureden, kommen wir in Schwung, queren die Straße und parken dort auf dem größeren Parkplatz, der auch doppelt so weit von der Straße weg ist und somit ruhiger zu sein verspricht. Wobei….Verkehr…hier kommen pro Stunde vielleicht 4-5 Autos vorbei und eins davon ist der Schneepflug, der zählt nicht!

 

Den Rest des Nachmittags, es ist so 15:30 Uhr, sitze ich am Rechner. Den Abend auch, Brötchen backe ich auf zum Abendessen, keine Lust auf kochen. Mit dem Einleggitter von www.styyl.de geht das super und da es beschichtet ist, gibts auch keine Sauerei danach. Ich liebe diese Gitter!

 

Um 21:30 Uhr, ich bin todmüde und überlege, schlafen zu gehen, schau ich nochmal raus…grün am Himmel…oh man…Kamera, Stativ, Einstellung, Mütze, Jacke, Hose, Handschuhe, Stirnlampe…raus. 

Ne Stunde stehe ich draußen und filme mittelintensives Polarlicht. Immer wieder mit Wolken Unterbrechungen und einem Schneeschauer, dass mich dann doch wieder in Zottl treibt.

 

Um 22:30 Uhr, scheint die Show aber vorbei. Himmel wieder zu, keine Sterne mehr, kein grünes Licht. Schnell ins Bett. Ich bin durch für heute.

 

So marschieren wir zu dritt in Zottl’s Heck und schlafen mal ein paar Stunden.

 

 

 

Gute Nacht und viele Grüsse


Kai und Team

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