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#3 St. Gallen - Eine Dumme Idee, ein Fehler, ein Problem, eine Lösung

Schönen guten Morgen,

 

auf unserem eher provisorischen Übernachtungsplatz erwachen wir. Ich bin mal wieder der Erste der erwacht. Der Co-Pilot schläft noch den Schlaf der Faulen und schnarcht vor sich hin...oh, oh, das gibt wieder Ärger wenn er das liest...

 

Ein Blick aus dem Fenster deutet schon das Elend an. Es regnet, graupelt leicht. Den Grauple hört man auch schon auf Zottls Fell. Er bekommt als heute mal ein leichtes Peeling. Kann nicht schaden, ist er doch von der Fahrt gestern noch sau dreckig. Graupel, Regen von daher mehr als willkommen.

 

Um in Fahrt zu kommen, setze ich mich erstmal kurz an den Lapi und beginne Kommentare zu beantworten bei YouTube und schneide auch noch etwas an einem Video rum. Aber eigentlich wäre auch so langsam Zeit für Frühstück. Doch im Hinterkopf geht mir bei all dem noch die gescheiterte Anfahrt auf unseren eigentlichen Schlafplatz durch den Kopf. Irgendwie lässt mir das keine Ruhe und ich frage mich intern, ob wir evtl. doch noch hinkommen mit Zottl und evtl. Ketten. Ich versuche, eine zweite Meinung beim Co-Piloten einzuholen.  Es bleibt bei einem Versuch, er weigert sich standhaft, auch nur das kleinste Zeichen mitzuteilen, wie er darüber denkt. Aber immerhin ist er wach. Ich bin mir aber sicher, egal wie ich entscheide, wird er später rummaulen.

 

Dann versuch ich es halt woanders. Nämlich bei meinem Nachbarn. Der ist wach und fit und sitzt faul rum. Somit verabreden wir uns zum Frühstück in Oski. Ich präpariere mein Futter und marschiere durch eine Schnee- und Regenmischung rüber zu Oski. Dort wartet Jens, ebenfalls mit seiner Schüssel voll tollem Müsli und wir mümmeln so vor uns hin. Parallel zum mümmeln, zeigt er mir noch seinen neusten Einbau: kleiner Subwoofer den er eingebaut hat (wen das genauer interessiert: ist im Video gezeigt!). Auf jeden Fall eine coole Lösung, Respekt Jens! Hätte ich auch gerne….

 

Nach der Präsentation des Wooferlies, bringe ich meine Überlegung auf den Tisch. Wollen wir es nochmal mit Zottl probieren, wie weit wir kommen? Immerhin hat Zottl ja Winterreifen. Jens ist nicht abgeneigt, aber beide haben wir ein etwas komisches Bauchgefühl. Wir wägen Chancen und Risiken ab. Das Ende vom Lied: wir haben nix anderes zu tun heute. Also versuchen wir es. Falls wir stecken bleiben, liegen ja Schneeketten parat in Zottl. Ohne Ketten fahre ich nämlich nirgendwo hin.

 

Aber erstmal essen wir gemütlich zu Ende, schauen dem immer wieder einsetzenden Schneefall zu. Sind etwas verwundert, sollte das Wetter heute doch eigentlich wärmer werden und Tauwetter einsetzen. Scheinbar verzögert sich das ein wenig.
Der Vormittag sprinted wieder mal an uns vorbei, kurz vor Mittag mache ich Zottl abfahrbereit. Jens kommt rüber mit Kamera und Mut. Wir starten Zottl und begehen damit einen Fehler….

Der Co-Pilot ist leicht angesäuert, muss er doch wiedermal den Beifahrersitz räumen und darf „nur“ hinten sitzen. Zum Glück hat Zottl keinen Rückspiegel, so sehe ich sein grummeliges Gesicht nicht als wir losfahren. Ich kann es mir aber auch so schon gut vorstellen.

So begeben wir uns wieder auf das schmale geteerte Waldsträßchen, bergauf. Fahren der Stelle entgegen, wo Oski gestern hängen blieb. Als wir darauf zu fahren, wird nicht groß verlangsamt, ich drück das Gaspedal eher noch ein wenig stärker durch.

Wir sehen, es ist nicht mehr so eisig, es taut leicht und der Schnee wird zu Matsch. Dann wollen wir mal. Und was soll ich sagen, Zottl meistert die Stelle ohne Probleme. Die Reifen greifen, ohne Traktionsprobleme passieren wir diesen Schneeabschnitt. Gut!

 

Kaum sind wir durch, haben wir wieder Teer unter Zottl’s Puschen. Also hier oben schneit es schon komisch. An manchen Stellen liegt auf der Straße eine geschlossene Schneedecke, auf anderen NIX. Muss der Wald sein, der hier die Schneeverteilung massiv beeinflusst. Frohen Mutes und bestärkt durch den Erfolg die Schneepassage locker gemeistert zu haben, fahren wir weiter. Wir fühlen uns gut und sind froh, es gewagt zu haben. Was kann jetzt noch kommen?

 

Wir biegen um die nächste Kurve…und mir sackt ein wenig das Herz in die Hose. Ach du Scheisse! Worst Case!! Oh je…ob das gut geht. Blitzschnell gehen mir verschiedene Szenarien durch den Kopf. Bremsen? Gas? Vollgas? Augen zu???

Naja, letzteres lasse ich lieber. Dennoch….shit!


Was wir hier gerade sehen:

1.       Schnee auf der Straße

2.       Starker Anstieg

3.       Der Anstieg macht am Ende einen rechts Knick über eine kleine Brücke

 

Okay, aber was bedeutet das?
Gebe ich Vollgas, kann es sein dass wir die Kurve nicht bekommen aufgrund des rutschigen Bodenbelags und am Brückengeländer hängen bleiben.

Gebe ich nur Gas, kann es sein, wir haben nicht genug Schwung. Das Gescheiteste wäre hier nun: Bremsen! Abbruch.

 

Dennoch, wir haben Schwung, den würden wir dann verlieren….also gebe ich Gas. Wir erreichen den Schneeabschnitt, die ersten Meter läuft es gut, dann wird es noch steiler, wir werden langsamer, fahren weiter bis zu dem Punkt, wo die Straße den Rechtsknick macht und es anschließend wieder weniger steil wird. Wir kommen an den Knick, stehen fast auf der Brücke, als der Schwung weg ist, die Reifen durchdrehen. Ich muss vom Gas. Wir stehen.

 

Und da haben wir den Dreck. Mit Traktion Plus aktiv versuche ich anzufahren, keine Chance. Es wird eher schlimmer, wir rutschen unkontrolliert einen halben Meter rückwärts. Das ist der Zeitpunkt wo ich denke: Fu***! Was für eine scheiß Idee hatte ich da heute Morgen! Panik kommt aber nicht auf. Dafür habe ich genug Routine. Ich trete auf die Bremse. Wir kommen zum Stehen, rutschen nicht weiter. Stehen mitten auf der Straße. Rechts geht es die Böschung runter, links geht die Böschung hoch.

       

Und jetzt: mache ich gleich mal noch den zweiten großen Fehler. Statt kurz zu schauen, wie die Situation draußen aussieht, und zu schauen wie ich rückwärts zurück rollen kann, fahre ich über die Spiegel einfach rückwärts. Dabei bemerke ich nicht, dass ich, aufgrund der Kurve die die Straße macht, ich dies beim Rückwärtsfahren aber nicht beachte, zu weit an die linke Böschung komme. Als ich es merke und einlenke, ist es zu spät. Um sauber korrigieren zu können, müsste ich ein Stück vorwärts fahren. Das versuche ich auch, aber: nix. Die Reifen drehen durch. Ich rutsche nur etwas seitlich nach rechts weg. Mache aber keinen Meter vorwärts. Oh fu**! Jetzt haben wir den Salat!.

Jens geht raus und schaut hinten, etwas kann ich noch zurücksetzen, stehe dann mit Zottl’s Hintern in der seichter werdenden Böschung. Aber dann geht nix mehr. Ich komme weder vorwärts noch rückwärts. Rien ne va plus! Wir stecken fest!

Ich steige aus, schaue mir das Elend an und denke nur wieder: Oh fu**! Ich Idiot!!! Das passiert, wenn man was macht und nicht dabei mitdenkt. So eine verdammter Mist. Ich könnte mich….ahhhhhhhh!!!! Okay. Genug! Wir brauchen einen Plan. Und möglichst einen guten.
Mein Hirn setzt wieder ein und denkt: Schneeketten!

Die angel ich aus Zottl’s Keller. Hoffentlich krieg ich die noch wieder drauf. Bevor es los geht, schau ich mir lieber kurz die Bedienungsanleitung an.
Da ich an das linke Vorderrad nicht rankomme, die Böschung ist im Weg, kommt die erste Kette auf das rechte Vorderrad drauf. Evtl. reicht das ja. Erstaunlich gut geht die Montage. Was bin ich froh, hab ich etwas Geld in Ketten investiert und mir dafür eine einfache Montage erkauft. Vor allem: eine Standmontage!

 

5 Minuten später sind die Ketten drauf, meine Hände kalt und nass und Blut rinnt. Auch die Jacke ist dreckig. Egal! Wo gearbeitet wird, fallen Späne. Ich bin kein Weichei!

Rein in Zottl, Motor an. Jens steht hinten und schiebt. Ein Rad bewegt sich. Wir machen aber keinen cm Landgewinn. Denn: das falsche Rad dreht sich! Jenes ohne Kette. Das mit Kette drauf, macht keinen Wank. Ich schlage die Lenkung ganz nach rechts und so rutschen wir wenigstens etwas weg von der Böschung, mehr auf die Straße.

 

Warum das wichtig ist? Naja, ich brauche Platz um auch dort die Schneekette zu montieren! Ich muss ein Stück von der Böschung weg. Denn mit nur einer Kette kommen wir hier nicht weg.


Als wir weit genug von der Böschung weg sind, stoppe ich die Aktivitäten. Motor aus. Zweite Kette drauf. Und als wäre das nicht schon blöd, ist es jetzt auch noch matschig weil Zottl die Böschung leicht umgepflügt hat. Hinzu kommt, dass ich erst beim dritten Versuch die Kette aufzuziehen, feststelle, dass noch ein kleiner Haken geschlossen ist und dies der Grund ist, warum die Kette nicht montiertbar ist. Kaum löse ich den Haken, ist die Kette drauf.


Jetzt: alles oder nichts!

Jens entfernt noch etwas den Schnee mit seiner Schaufel (ich hab auch eine in Zottl, aber seine liegt griffbereit von gestern). Verdreckt und blutend steige ich in Zottl, lasse den Motor an, rede ihm (und dem Co-Piloten) gut zu und gebe vorsichtig Gas. Nix bewegt sich.

Okay, es braucht wohl etwas mehr Power. Die hat Zottl. Höhere Standrehzahl, Kupplung kommen lassen, etwas mehr Gas….ja, ja…Zottl kommt in Bewegung, nicht unbedingt geschmeidig, aber es geht vorwärts, leicht hüpfend und dann greifen die Ketten und wir fahren 2 m den Berg hoch. Gerade so viel, dass ich die Kurve bekomme und weiter rückwärts den Berg runter fahren kann. Denn hoch fahr ich nicht weiter. Ich weiß, wann das Ende erreicht ist und wann ich verloren habe.

Zu unserem Glück steht rechts ein Hexenhäuschen mit breiter Einfahrt in die ich ohne Probleme rückwärts rein komme. Jens schaut draußen und weist ein. Kurz darauf sind wir in Sicherheit. Alles gut gegangen. Wir konnten uns befreien und eine kritische Situation meistern. Und haben einiges daraus gelernt:

Ich: wenn man es übertreibt, muss man sich zumindest selber befreien können. Mit Technik und (ein wenig) Intelligenz.

Jens: er kauft sich Schneeketten, da er bisher noch keine besitzt.

Erschlagen von dieser Action atmen wir alle erstmal durch. Aus dem inneren von Zottl erreichen uns deutliche Grummellaute. Der Co-Pilot ist stinksauer. Nicht, weil wir stecken geblieben sind….nein…weil er nicht mit raus durfte um zu helfen…äh…um zuzuschauen, wie ich die Ketten aufziehen. Denn seine Pfötli hätte er sicher nicht dreckig machen wollen. Seine Füssli hätten dabei natürlich auch nicht nass werden dürfen. So hätte Jens ihn tragen müssen… Der hat Vorstellungen…meine Herren!

Nach dem Ketten aufziehen ist vor dem abmachen. Nach drei Handgriffen pro Seite liegen die Ketten auf dem Boden. Ich rolle mit Zottl einen Meter vor und sammle die Ketten ein. Zurück in den Keller, zum Holz. Ich muss daran danken, wieder einen Eimer in Zottl zu legen, in den ich die benutzen Ketten zukünftig wieder tun kann. Vermute irgendwie, ich werde sie diesen Winter nochmals brauchen.

Alles weitere geht nun einfach, wieder rein in Zott und zurück zu Oski. Das geht problemlos. 5 Minuten später erscheint Oski vor uns. Ich muss mich nun erstmal umziehen, Hose, Jacke, versaut. Hände verdreckt und blutig…naja…ne kleine Schnittwunde, ich werde wohl nicht daran sterben (hoffe ich) J.

 

Haben wir nun genug? NEIN! Jens hat die tolle Idee, doch auch noch den Weg zu fahren, der von unserem Schlafplatz ebenerdig entlang des Berges führt und bei einem Gasthaus raus kommen soll. So besteigen wir Oski. Wird der doch auch noch etwas bewegt. Wollen ihn ja nicht verstimmen. Und Zottl braucht jetzt erstmal eine Pause zu Erholung. Der Co-Pilot auch, ist er vor lauter Gegrummel doch recht erschöpft.

So fahren wir mit Oski ab, der Weg führt durch den Wald, nur leicht ansteigend, an einem Wohn/Ferienhaus vorbei, erst Schneefrei, dann zeigt sich wieder erster Schnee auf der Strecke. Da es eben ist, jedoch kein Problem für Oski mit Allwetterreifen. Puh und dann…biegen wir um eine Kurve. Sehen links einen etwas größeren Platz, und der Weg…naja…Linksknick, steil ansteigend und verschneit. Jens stoppt kurz. Wir schauen uns fragen an:
Ich: vergiss es, da kommen wir nie im Leben rum. Und bei der scharfen Kurve ist auch Schwung keine gute Idee.
Jens: japp, hast Recht!

 

Okay, Jens, aber warum genau fährst Du dann jetzt doch weiter auf Schnee, Steigung und Kurve zu? Haaallooo!!!!? Da kommst Du nie hoch. Und Ketten hast nicht dabei…was treibst Du?


Nach den ersten Metern Schnee und erst leichter Steigung, noch vor der Kurve, hängen wir. Aber alles unkritisch. Jens haut den Rückwärtsgang rein. Er wollte nur mal testen wie es so ist, hängen zu bleiben…J Scherzkeks! Ohne Probleme fahren wir 10 m rückwärts, drehen auf dem großen Platz und schon fahren wir zurück zu Zottl.


Ein paar Minuten später stehen wir wieder bei Zottl. Da wir noch einiges an GB Daten tauschen wollen, setzten wir uns in Zottl, essen Prinzenrolle, getunkt in Milch (eine meiner weiteren Leidenschaften) und schauen zu, wie sich Statusbalken von West nach Ost auf unseren PCs bewegen.


Und wieder mal stellt sich heraus: ich bin ein Depp! Denn beim Kopieren von Drohnen Aufnahmen vom Vortag passiert mir ein Fehler. Ich lösche aus Versehen Daten, die noch nicht kopiert waren. Oh man ist mir das arg, Jens nimmt es erstaunlich gelassen. So als wüsste er etwas….aber eigentlich weiß auch er nix.

 

Wir suchen ein SD Karten Rettungsprogram, finden eins, downloaden und installieren es. Leider kann es nur 2 von 14 Videos retten. Na toll. Oh man, was für ein schei*** Tag.

Echt deprimierend! Aber nicht zu ändern. Sind die Aufnahmen wohl weg. Aufregen hilft nicht. Wir beenden die Kopier-Session, es geht auf 16 Uhr zu und so langsam müssen wir nach Hause zottln. Jens macht Oski startklar, ich Zottl. Dabei kommt mir ein Geistesblitz:

 

Meine DJI Mavic Pro speichert auch alle Daten die gefilmt werden auf dem Handy. Somit müssten die Filmaufnahmen, die ich auf der SD Karte der DJI aus Versehen gelöscht habe, ja eigentlich noch auf dem Handy sein. Hoffnung keimt auf. Ich schalte mein Flughandy, das G4 an, das dauert…oh man…nervös….ah jetzt, ich steige in die Ordnerstruktur ein, suche den DJI Ordner, Records…scroll, scroll….JACKPOT!!!! Da sind die verdammten Aufnahmen! Mein Glück scheint zurück! Yeah! Man, bin ich erleichtert! Doch nicht alles für den A*** heute.


Mit Handy in der Hand hechte ich durch den Regen zu Oski und erzähle Jens stolz von meinem Fund. Das freut auch ihn. So kopieren wir diese Daten auf seinen Lapi und haben den Tag doch noch gerettet.

 

Der Rest ist schnell geschrieben. Wir fahren zurück ins Tal, in Richtung nach Sargans. Kurz dafür verabschieden wir uns. Legen aber noch mögliche Daten für einen nächste Tour fest. Denn Hochwinter wollen wir ja auch noch testen.

Auf der Rückfahrt wird noch an der Autobahn entsorgt, Zottl waschen spare ich mir, er ist eigentlich durch den vielen Regen schon wieder gut sauber geworden. Außerdem ist es schon spät und ich will nach Hause.

Nach dem Ausladen wird noch ein Happen gegessen, anschließend Daten gesichert und später noch etwas an einem anderen Video gearbeitet. Um Mitternacht falle ich in mein heimisches Bett. Morgen ist Montag. Um 06:30 Uhr klingelt der Wecker. Jetzt aber schnell schlafen!

Danke fürs Mitreisen und eine gute Nacht. Bis zum nächsten Trip!

Viele Grüsse

Kai

 

 

GPS Koordinaten:

Parkplatz wo wir stattdessen strandeten: 47.091614, 9.442214

 

       

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