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#178 Trip mit Überraschung - Eingeschneit im August!

Guten Morgen,

 

Aufregung im Van, meine Mitreisenden sind irgendwie nervös, unruhig. Ganz komisch…schleicht ein Wolf um Zottl oder was ist los? Ich erkenne nix außergewöhnliches. Doch Co-Pilot und Friedrich sind außergewöhnlich wach heute Morgen und wirken aufgekratzt und unruhig. Irgendwie kommt es mir bekannt vor…das Verhalten hatten wir schon mal…aber ich erinnere mich nicht genau, wann und wo das war.

Oder haben die beiden heute Nacht heimlich ne M&M Tüte geplündert, Honig inhaliert oder Suppe gegessen? Ich komm net druus.

Naja…ich lass sie mal in Ruhe, vielleicht beruhigen sie sich ja wieder. Es ist 9 Uhr rum, aufstehen, Blick raus, nix neues. Grau und Regen. Ja mei…ein weiterer entspannter Tag in Zottl bahnt sich an.

Und an diesem Morgen gibt’s mal keine Ausgleichmasse und auch kein Brot…erstmal gibt es Arbeit. Schnell ein Video fertig machen. Sowas hat Vorrang.

 

Und wie ich so schneide und ab und an mal den Kopf hebe und raus schaue, sehe ich, das etwas anders ist. Kein reiner Regen mehr…äh….hm…es kommen Graupelkörner vermengt mit Regen vom Himmel. Spannend…mal was anderes. Ich schneide weiter, die Kopfhebfrequenz steigert sich aber und nach weiteren 15 Minuten sehe ich reinen Graupel, dann wieder Regen und später Regen mit Schneeflocken…SCHNEEFLOCKEN!!!!! WHAT!?? Ende August 2020 und ich sehe SCHNEEFLOCKEN?! Ich fass es erstmal nicht, schau ganz genau hin. Doch…ist so. Gut, gestern hat es auch mal ganz kurz geschneit, geht sicher gleich vorbei...dennoch: Wow, erfüllt sich hier etwa gerade ein Traum von mir…einmal im August Schnee zu erleben…das stand nicht auf der Liste für dieses Wochenende aber es steht schon länger auf meiner To Do List.

Co-Pilot und Friedrich hält nun nix mehr hinten…sie drängen auf die Dinettebank. Von dort haben sie den besten Blick. Und jetzt weiß ich auch, woran mich ihr Verhalten erinnert…Klausenpass Anfang Juni…Schneeerlebnis Nr. 1 diesen Winter, äh Sommer.

Das wird sich hier doch nicht etwa wiederholen….? OMG…. Aber wir haben August, selbst wenn es etwas schneit, es wird sicherlich nicht auf der Straße ansetzen. Maximal auf dem Gras oder Parkplatz…hm…Parkplatz…ich steh ein gutes Stück weg von der Straße…soll ich besser näher an die Straße, also umparken. Uff…hm...!

 

Und wie ich so weiter arbeite, die zwei nervösen Bären neben mir, seh ich langsam, wie die Bergspitzen weiss werden und auch bei uns auf dem Gras sich ein leichter weißer Schleier bildet… Unglaublich!

Die Temperatur sinkt, nur noch knapp über Null...ohoh…hoffentlich geht das alle gut. Vielleicht doch umparken…ach nö! Zur Not hab ich Ketten dabei.

 

Es schneit, ja, reiner Schneefall, weiter heftig. Dazu kommt stärkerer Wind. Es wird immer weißer um uns rum. Ich tippe auf eine weiße Schneematschschicht und mache mir mein Frühstück warm…Suppe um 11 Uhr. Kann man machen, oder?!
Es schneit weiter und irgendwann wird selbst die Passstraße weiß. Bisher nur 1 oder 2 cm Schnee, aber bei der sinkender Temperatur und der Stärke des Schneefalls, kommt da noch mehr. Das Regenradar sagt ähnliches.

 

Die Österreicher, die schräg hinter mir stehen, scheinen abfahren zu wollen. Sie befreien ihr Womo vom Schnee. Ich frühstücke und schnappe mir anschließen meine Kamera, Winterjacke, Mütze, einen Handschuh, Schal. Vollwinter im August…und gehe vor die Tür. Leck…es liegt richtig Schnee. In Zottl leuchtet schon das ganze Wochenende mein Weihnachtsbaum, es fühlt sich für mich an wie Dezember und Weihnachtszeit. Leck! Ist das geil! Ein Traum!

Ich schlender durch den Schnee, es liegen neben der Straße schon einige cm. Auf der Straße ist es auch weiß. Doch noch fahren vereinzelt Autos und halten die Spur halbwegs frei. Das Womo aus Österreich fährt ab. Es donnert in der Ferne und vereinzelt zuckt…huch…ein Blitz…ups…

 

Wir sind…mal wieder und wie schon so oft…alleine!!! Alleine im Wintersturm im August auf dem Furkapss. Echt schräg. Unheimlich? Hm…eigentlich nicht. Zottl ist ja dabei, Diesel an Bord, Essen auch, Wasser auch…ich kann das zur Not aussitzen. Nur ist halt morgen Montag und ich muss ins Bergwerk. Doch zufällig hab ich ja meinen Bergwerksmeissel dabei, so könnte ich auch aus Zottl arbeiten. 4G ist hier gut vorhanden.  


                

Ich genieße das Winterwetter, filme, suche das schöne Wetter im Wallis von dem Manfred immer spricht, finde es jedoch nur in Form von noch mehr Schnee. Und wie ich so einsam über den Pass streife, Fotos an der Passstraße mache, kommt ein Dacia PKW angefahren und stoppt auf der Passhöhe. Ein Herr steigt aus und meint, ob das mein Camper wäre. Ich bejahe….er meinst: der Pass sei jetzt gesperrt! Wann er wieder öffne sei ungewiss.

Ich: kurz sprachlos….dann: aber runter kommt man noch, oder? Er ist nicht per Schranke blockiert?
Er: der Pass ist gesperrt!

Ich: hä…also man kommt auch nicht mehr runter?
Er: nein…und vor allem nicht auf der Urner Seite. Maximal könnte man es auf der Walliser Seite versuchen

Ich: aha…

 

Er steigt wieder ein und fährt gen Wallis und Rhonegletscher. Also die Richtung, aus der wir kamen. Und die für uns für Zurück keine Option ist…denn dann müssten wir noch über den Grimsel und Susten. Die sind sicher auch zu.

 

Naja, da ich ja jetzt Zeit und Schnee habe, schicke ich ein Foto an www.20minuten.ch. Die drucken manchmal Leserfotos ab. Und das hier könnte doch eins werden…Winter im August zieht doch immer.

 

Ich bleibe draußen, genieße das Wetter. Nach 15 Minuten kommt der Herr von der Straßenwacht zurück. Stoppt nochmal. Diesmal besser gelaunt und gesprächiger. Er  hatte mit etwas Schneefall gerechnet, aber nicht mit einer geschlossenen Schneedecke und Passsperrung. 10 Minuten später bin ich wieder alleine, nur zwei Spuren im Schnee die gen Uri führen zeugen davon, dass hier gerade noch ein Auto war.
Ob wir heute noch nach Hause kommen…?

Durchgefroren und nass begebe ich mich zurück in Zottl. Heizung aufdrehen, ordentlich Diesel verballern und aufwärmen.


Natürlich poste ich auch fleißig bei Instagram und Facebook. Winterbilder im August…läuft.
Und irgendwann, ne Stunde später bekomme ich von Freunden die Info….Dein Bild ist bei Wetteronline.de auf der Webseite und der App. Und auch www.20minuten.ch nimmt das geschickte Bild und verwendet es auf ihrer Webseite und in der App. Der Knaller! Und es soll sich herausstellen, dass 20 Minuten das Bild sogar in der montäglichen Ausgabe druckt.

Und während ich mich mit all diesen Dingen abmühe, schneit es unbeirrt weiter. Es kommen keine Autos mehr, die Temperatur ist knapp unter null Grad und so langsam freunde ich mich mit dem Gedanken an, hier noch eine weitere Nacht zu verbringen.
Doch durch das permanente Heizen, wenig fahren und meinem andauernd eingeschalteten Laptop, kommt meine Batterie in den unter 12 V Bereich. Um dem entgegen zu wirken, lasse ich eine Weile den Motor laufen. Stört hier oben niemand…wir sind weiter abgeschnitten von der Außenwelt.  

Allerdings ist das ein Zeichen für mich: ich muss auf Dauer etwas an meiner Stromversorgung ändern. Die Überlegung geht in Richtung:

  • Ladebooster
  • Lithium
  • Batteriecomputer

Draußen schneit es munter weiter. 2 h hält es mich in Zottl. Dann muss ich wieder raus. Der Schnee zieht mich magisch an. Wieder filme ich, und baue dann kurzerhand auch noch einen Schneebär. Mit nur einem Handschuh recht kalt an der anderen Hand. Aber der Schnee ist schön pappig und 15 Minuten später grinst mich ein Schneebär-Co-Pilot an. Finde, ich hab ihn gut getroffen und ein wenig tut er mir leid, dass er da draußen in der Kälte bleiben muss. Würde ja gerne ein Bild mit Co-Pilot und Schneebär machen, doch das Wetter lässt es nicht zu. Schneefall, Wind, unter Null Grad. Der Co-Pilot würde bei dem Wetter nie im Leben vor die Tür gehen.
Ein Kurzinterview des Schneebären später, sitze ich wieder in Zottl und hoffe so langsam, dass es mal aufhört zu schneien. Sonst wird es echt kritisch.

 

Zwischenzeitlich sieht es fast mal so aus, als würde die Wolkendecke aufreißen. Doch keine 10 Minuten später ist wieder alles zu. Doch der Schneefall wird weniger und hört schließlich gegen 15 Uhr auf. Auch die Temperatur steigt wieder gen +4 Grad. Doch so richtig schmelzen will die weiße Masse nicht.

 

Gegen 17 Uhr steige ich nochmal in meine Winterklamotten. Raus vor die Tür. Jetzt entscheidet sich, ob wir bleiben oder fahren. Ich stapfe durch 10 cm Neuschnee zur Straße vor. Die Fahrt rückwärts über den Parkplatz könnte mit genügend Schwung funktionieren… Doch was mach die Straße?
Über die letzten 1,5 h konnte ich eine Handvoll Autos die Straße passieren sehen. Festgefahrener Schneebelag? Oder zwei freie Fahrspuren? Bei ersterem wäre eine Fahrt ins Tal lebensgefährlich mit meinen abgefahrenen Allwetterreifen die knapp 50.000 km auf dem Buckel haben.


      

Doch wir haben Glück, die Straße zeigt zwei freie Fahrspuren. Die paar Fahrzeuge haben den Schnee zum Verschwinden gebracht. So ist die Strecke auch für Zottl fahrbar, denke bzw. hoffe ich. Das Problem wird also eher: kommen wir ohne Ketten vom Parkplatz?

Ich treffe die einsame Entscheidung: wir wagen es. Fahren runter ins Tal! Wenn’s schief geht, kommen wir auch im Tal an…nur halt irgendwie auf direktem Weg und etwas freiem Fall.

 

Zurück zu Zottl. Mit den Füßen räume ich etwas den Schnee in seiner zu fahrenden Fahrspur weg. So haben wir etwas mehr Traktion beim Anfahren. Fakt ist, ich muss richtig schnell rückwärts schießen, sonst wird das nix.

Zum Schneebär sage ich noch Tschüß, tut mir leid, dass wir Dich hier oben deinem Schicksal überlassen müssen.

Zottl aufräumen. Abfahrt!

Kameras halten natürlich alles fest. Erstmal von den Steinkeilen runter. Diese dann noch wegräumen sonst ratter ich da rückwärts mit den Vorderreifen drüber. Dann zählt es. Puh…ich fahre nicht gerne schnell rückwärts. Nochmal vergewissere ich mich, das nix in unserer Bahn ist. Rückfahrkamera an, Rückwärtsgang rein. Ordentlich Gas geben, Kupplung kommen lassen und los. Wir schießen rückwärts. Nicht Vollgas aber verdammt schnell. Kein gutes Gefühl.
Doch die Traktion passt. Die Reifen greifen irgendwie und wir kommen gut voran. Der Plan ist, rückwärts auf die Straße zu fahren, denn es geht gaaanz leicht bergauf zur Straße. Besser, da das Gewicht rückwärts auf der Vorderachse zu haben. Doch als ich die Lenkung Richtung Straße einschlage, werde ich auch langsamer und wir verlieren Schwung und Grip und stehen…. Ein Versuch anzufahren, scheitert…Mist! Wir hängen fest.

Ab vor die Tür. 10 Meter fehlen bis zur Straße. Verdammte Axt! Nach einer Situationsanalyse entscheide ich, ein Stück vorwärts zu fahren, dort schaut etwas Asphalt unter dem Schnee hervor und dann nochmal versuchen mit Schwung rückwärts anzufahren und die letzten Meter zur Straße zu machen.

Co-Pilot und Friedrich sitzen völlig erstarrt neben mir und wagen nicht mal mehr zu atmen. Ist wohl wieder etwas viel Spannung für sie. Sorry Jungs!

 

Also, der Plan steht. Rein in Zottl, 2 m vor und Volldampf zurück. Die Reifen drehen etwas durch doch dann fasst der Grip und wir rollen wieder rückwärts. Ich gebe Vollgas, die Reifen kämpfen, Zottl schlingert, die Rückfahrkamera zeigt freie Bahn auf der Straße und dann…haben wir es geschafft. Wir stehen mit Zottl’s Vorderreifen auf den beiden schmalen Asphaltbändern die vom Schnee befreit sind. Puh…das war knapp und aufregend. Doch das war nur Teil 1. Jetzt kommt der gefährlich Part. Die Passstrasse runter! Eng, teils kurvig und immer am Abgrund entlang mit wenig Sicherung. Zudem, falls ein Fahrzeug entgegen kommen sollte, muss ein Fahrzeug in den Schnee ausweichen.

Gut, in Schritttempo fahren wir los. Anfahren kein Problem. So lange wir den Asphaltfahrspuren folgen und diese nicht plötzlich verschwinden ist alles gut. Da ich den Pass kenne, weiß ich, dass es erstmal nicht besonders steil wird und später noch ein Restaurant kommt mit Parkplätzen. Falls sich die Streckenqualität also stark verschlechtert, kann ich dort stoppen, drehen oder was auch immer.

 

Die ersten Meter laufen gut. Wir kommen ohne Probleme voran. Die Fahrspuren bleiben uns erhalten und der Abgrund kommt nicht aus Versehen näher. Fahren und filmen unter diesen Bedingungen ist nicht so einfach, doch Co-Pilot und Friedrich sind wiedermal nicht zu gebrauchen. Völlig erstarrt vor Angst…

 

Wenig später erreichen wir das vorher angesprochene Hotel. Hier steht ein PKW mit Deutschem Kennzeichen an der Straße und lässt uns passieren. Ich stoppe kurz und frage bei ihm nach, wie die Strecke weiter runter aussieht. Nicht schlechter, wie er sagt, noch n Kilometer und der Schnee ist weg. Gut, wie Zottln weiter, nehmen einige Serpentinen im Schrittempo und dann lacht uns auch noch das Wetter aus. Wie wir gerade schleichend eine dieser Serpentinen nehmen, kommt doch glatt die Sonne raus und es zeigt sich etwas blauer Himmel. Ich komme mir leicht verarscht vor, der Co-Pilot grummelt fluchend vor sich hin, immerhin ein Lebenszeichen, und Friedrich schließt die Augen. Ob vor Angst oder Blendung kann ich nicht sagen. Muss die Kurve kriegen, sonst wars das….

 

Die Sonne verschwindet so schnell, wie sie gekommen war und wir stecken wieder im Nebel, der Schnee auf der Strecke wird weniger und ist schließlich ganz weg. Vor uns liegt eine freie und saubere Passstraße. Ich lasse Zottl etwas von der Leine und wir rollen jetzt wieder entspannt die Straße runter…bis ich plötzlich in einer Rechtskurve voll in die Bremse steige. Ja leck…ne Straßensperre. Wir haben die Passsperre erreicht die über beide Fahrspuren geht. Lange Holzlatten, rot/weis und in der Straßenmitte eine Halterung, links und rechts am Fahrbahnrand ebenso. Hier kommen wir nicht durch.

Wir schauen uns an, die Wahl fällt auf mich…ich muss raus und mir das anschauen. Toll!

Doch schnell ist die Situation entschärft, ich kann eine der Latten ohne Probleme verschieben und den Weg auf einer Fahrspur frei machen. Durchfahren. Und hinter uns die Latte wieder an ihren ursprünglichen Platz schieben. Weiter runter ins Tal kommen dann auch keine Hindernisse.

 

In Realp, am Urner Fuß des Furkapasses, stoppe ich auf einem großen Schotterparkplatz mit Übernachtungsverbot. Mir egal, will ja nicht übernachten, hab aber Hunger nach dieser Aktion. Also, schnell die Suppe aufwärmen, die wird nach jedem Aufwärmen besser und schmeckt mir hervorragend. Statt Hackfleischbällchen passen auch Wienerli vorzüglich.

 

Und so endet diese Schlechtwetter Tour hier. Ich esse, der Rest versucht wieder locker zu werden. Von hier geht es nur noch gen Heimat.

Danke, dass Ihr dieses miese und dennoch einzigartige Wochenende wieder mit uns verbracht habt. Was als nächstes kommt, ist auch schon klar….der Caravan Salon Anfang September in Düsseldorf.

 

Viele Grüsse

Kai




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Kommentare: 1
  • #1

    Gudrun (Donnerstag, 05 November 2020 09:31)

    Hallo Kai, ja die Überlegung mit Ladebooster, Spannungswandler und Lithiumbatterien haben wir schon hinter uns. Wenn alles klappt baut uns das Tino Anfang Dezember in unseren Summi ein. Dank deiner Werbung für Ihn, haben wir endlich jemanden dem wir das anvertrauen können. Vielen Dank dafür. Wir freuen uns auf jedes Video von Dir und vielleicht klappt es ja bei uns nächstes Jahr mit der Schweiz.
    Liebe Grüße
    Thomas und Gudrun