· 

# 38 Ein Van Quartett im Tessin - Die Eroberung des Lago del Naret

Schönen guten Morgen,

 

noch immer stehen wir im Val Malvaglia auf unserem schönen und abgelegenen Platz im Tessin. Doch so schön ist der Morgen leider nicht…ich höre Regen auf Zottl’s Dach prasseln. Das hört sich nicht gut an. Ein Blick nach draußen bestätigt: es ist grau und trüb. Oh man…so ein Mist.

Ich gehe kurz meine Aufstehmotivation suchen, werde fündig und wuchte mich aus dem Bett und schleiche mich nach vorne in die Dinette. Co-Pilot und Friedrich schlafen noch tief und fest. War ja spät gestern und heute wird es noch ein anstrengender Tag. Da sollen sie mal noch ein paar Stunden Schlaf tanken.

 

Es ist 9 Uhr rum, draußen noch alles ruhig. Also starte ich mal den Laptop und schneide noch ein wenig ein Schottland Video das eigentlich schon fertig sein müsste um es morgen am Sonntag live schalten zu können. Nach einer Stunde konzentrierte Arbeit und gutem Fortschritt, geh ich mal vor die Tür. Luft schnappen und schauen was so ab geht.

 

Und als ich in unser Stehquadrat trete, öffnet sich am Nugget ein Fenster. Katja ist also schon mal wach. Guten Morgen! Nach einem kurzen Schwatz, geht auch bei Jens drüben ein Fenster auf….oh…haben wir Dich etwa geweckt?! Auch er liegt noch im Bett.

Verdrehte Welt heute morgen. Ich schon wach und der Rest liegt noch in den Federn. Von Silvio ist noch gar nix zu sehen. Oder ist der um 6 Uhr aus’m Bett gefallen und besteigt schon einen der umliegenden Berge? Wäre ja nix neues.

 

Der morgen startet in Zeitlupe bei allen. Erst deutlich später sitzen wir zusammen am Frühstückstisch. Silvio fällt doch tatsächlich als letzter ausm Bett. Nix mit Bergsteigen, er hat mal ordentlich ausgeschlafen.

 

Das Frühstück verläuft im Standardprogramm. Das große tolle Frühstück gibt’s morgen. Gut so, denn kaum haben wir unser Futter zur Hälfte gegessen, kommt der Regen zurück der sich zwischenzeitlich mal gelegt hatte. Und er kommt heftig zurück, so dass wir alle schnell zurück in unsere Kästen stürzen. So sitze ich also in meiner Dinette, mein Laptop vor mir…dann kann ich ja auch weiter Video schneiden.  

 

Gegen später legt sich der Regen wieder. Die Asche des gestrigen Lagerfeuers dürfte spätestens jetzt kalt und nass sein. So werfe ich den Vorschlag in unser Viereck, die Asche doch etwas zu verteilen, so dass es nicht ganz so offensichtlich ist, das wir hier gefeuert hatten. Silvio nimmt sich der Sache gerne an. Scheint, er braucht ein wenig Bewegung. So trägt er die Asche ins hohe Gebüsch und deckt die Feuerfläche etwas mit Schotter zu und on top pflanzt er noch ein Blümlein auf der Feuerstelle. Schee hat er das gemacht!

 

Natürlich steigen auch noch 3 Drohnen in die Luft. Jens, Katja und ich fliegen. Nur gut ist ausser uns niemand hier der sich daran stören könnte. Naja, und außerdem flog heute Morgen ohnehin schon ein Heli permanent hin und her. Und der war bedeutend lauter als unsere Mini Drohnen.

 

Gegen 13 Uhr haben wir fertig. Das Wetter wird schleichend besser. Immerhin nun stabil trocken. Kalt war es nie, es liegt eher eine drückende Feuchtigkeit im Tal. Wir haben den Platz gesäubert, hinterlassen keinerlei Spuren oder Müll und machen uns bereit für die Fahrt ins Tal.

 

Runter geht ist es logischerweise genauso eng wie hoch. Doch glücklicherweise ist weniger Verkehr und wir kommen halbwegs ordentlich und ohne große Stopps den Hang runter. Allerdings verlieren wir irgendwie Jens. Da ich als erster fahre, bekomme ich das zwar irgendwie mit, denke mir aber, er will sicher noch ein paar Filmaufnahmen machen und fahre weiter. Jens ist ja schon ein großer Junge und weiss wo es hingeht. Wenn was Ernstes wäre, würde er anrufen.

Wir haben diesmal auch einen Treffpunkt auf dem ersten Rastplatz auf der Autobahn gen Bellinzona abgemacht. Wir müssen alle Müll entsorgen. Der nächste Platz der auf der Stopp Liste steht, ist am Lago del Sambuco. Von dort geht es hoch an den Lago del Naret und diese Strecke wollen wir definitiv zusammen fahren.

 

Aber zurück zur Abfahrt. Keiner schmiert ab, keiner bleibt irgendwo hängen. Alle kommen gesund im Tal wieder an. Zwischenzeitlich werden wir von einem Traktor eingebremst der für uns den Weg frei macht. Meine Bergabfahrhilfe ist fast die ganze Zeit im Einsatz und macht einen guten Job. Doch es ist anstrengend als erster von uns vieren zu fahren. Hinterherfahren ist definitiv einfacher weil man sich nicht immer fragen muss, ob etwas in der Kurve entgegen kommt.

 

Aber wie auch immer, 30 Minuten nach der erfolgreichen Erreichung des Tals, fahren Katja, Silvio und ich den ersten Rastplatz. Entsorgen unseren Müll, warten auf Jens. Wer taucht jedoch nicht auf? Jens. Verschwunden! Wir vermuten, er ist wohl an uns vorbei gefahren und direkt in Richtung Lago del Sambuco.

 

So besteigen wir unser Vans, fahren weiter gen Lago Maggiore, stehen im Stau, biegen ins Maggia Tal ab und folgen der Maggia. Erst ziemlich langweilig, dann kurvig dann Serpentinen der feinsten und teils engsten Art. Einmal muss ich zurücksetzen. Das Wetter weiterhin Schwül warm/heiß. Doch je weiter wir ins Tal kommen, desto kühler wird es. Wir gewinnen ja mit jedem Meter an Höhe.

 

Die Strecke zieht sich brutal hin. Es dauert bis wir den Schlussanstieg zum Lago del Sambuco erreichen. Zottln noch durch handeschnittene Tunnels und um viele Kurven. Bis wir die Staumauer sehen und dann auch später einen grauen Punkt mit einem Mensch daneben. Ja da schau an, Jens & Oski stehen da schon rum. Und als wir näher kommen, sehe ich, das uns Jens da ganz entspannt steht, ein Eis isst und unserer Anreise entgegenschaut. Na, der lässt es sich aber gut gehen.

 

Wir parken uns neben Oski, begrüßen unser verloren gegangenes Teammitglied und finden heraus, dass er an einem anderen Rastplatz gestoppt hatte. Aber wurscht, jetzt sind wir zusammen, besorgen uns am Kiosk noch mehr Eis und machen erstmal Pause. Wir müssen kurz diskutieren wie es weiter geht. Bedingt durch die Beschilderung ist uns unklar, ob wir weiter dürfen oder nicht. Denn es steht ein Alkovenwohnmobil Verbotsschild auf dem Parkplatz. Gilt dies nun nur für den Parkplatz oder für die ganze Strecke? Wie sollen wir es deuten?

Ein Zelten verboten Schild stehe auch rum. Hm…

 

Da wir alle keine Alkokvenmobile fahren und auch nicht zelten, entscheiden wir, dass wir weiter fahren. Immerhin war ich hier letztes Jahr auch schon und war nicht alleine. Auch andere Campingfahrzeuge standen am Lago del Naret.

Also, Eis essen, aufsitzen, hochfahren!

             

Und so machen wir es. Wir zottln los. Ich führe, hinter mir direkt Katja, dann Jens und am Ende Silvio. Die Strecke am Stausee entlang ist easy, schmal und mit Gegenverkehr an der falschen Stelle mühsam, aber wir haben Glück und der Gegenverkehr kommt an Stellen, wo wir gut ausweichen können. Wir passieren einige Zeltler die zwischen Straße und See ihre Zelte aufgestellt haben und Lagerfeuer machen. Scheint also nicht verboten.

Nach dem See kommt die erste Steigung. Durch Wald geht es steil bergauf mit engen Kurven zwischendrin. Alle bleiben dran, alles läuft. Allerdings stelle ich fest, dass wir der Wolkendecke immer näher kommen. Wir werden doch am nächsten Steilstück hoffentlich nicht im Nebel stochern?

Nach der ersten Steigung folgt eine kurze flache Strecke bevor es erst durch Wald und später nur noch durch Fels und Geröll bergauf geht. Steil. Eng. Kurvig. Hier muss man autofahren können und keine Angst vor Abgründen haben. Teils geht es nur im 1. Gang voran. Die Kurven können meist nicht eingesehen werden, man weiss nie ob jemand von oben kommt. Auch die Sicht verschlechtert sich zusehends. Ich bekomme ein ungutes Gefühl. In den Bergen kann die Sicht auch schnell mal auf 0 gehen. Das möchte ich hier oben jedoch nicht erleben. Ohne zu sehen wo man lang fährt, ist es in den Bergen mit Abgründen gefährlich.

Doch umdrehen ist nicht, gar kein Platz. Also weiter…durch den Nebel berghoch. Als wir um eine weiter Kurve biegen, sehen wir weitere Camper die ihr Zelt aufgebaut haben. Und nach einer weiteren Kurve ist die Sicht wieder besser. Puh…bin ich froh. So ziehen wir weiter unseren Bahnen, immer höher und die Strecke will kein Ende nehmen. Nur gut ist kaum Verkehr, das Wetter wohl zu schlecht.

 

Nach 10 km über enge und steile Strecke mit vielen Abgründen kommt das Ende in Form eines Staudamms in Sicht. Puh! Bin etwas erleichtert und erreiche als erster die Staumauer. Parke mich darauf, Katja ist direkt hinter mir. Oski und Curly haben abreißen lassen und kommen etwas später. Das gibt mir die Zeit, ihre Ankunft durch den Nebel zu filmen. Hier oben sieht es extrem Mystisch aus. Nebel, Berge, Staumauer. Hat auch was! Komplettes Kontrastprogramm im Vergleich zu meinem letzten Besuch als die Sonne schien. Die Landschaft verändert sich minütlich, je nachdem wo der Nebel hinzieht oder kurz aufreisst. Was für ein Schauspiel.

 

Doch wir sind noch nicht am Ende der Reise angekommen. So verlassen wir die Staumauer, fahren dem Seeufer entlang bis zu dem Spot, an dem ich letztes Mal campiert hatte. Jens will es noch wissen und fährt ein Stück weiter den Berg hoch, über gröbere Schotterpiste. Mit seinen Allterrainreifen kommt er mit leicht Schlupf noch recht gut hoch. Silvio mit angefressenen Sommerreifen versucht es auch. Scheitert aber und muss rückwärts die Piste wieder runter. Schon eindrücklich, wie Reifen den Unterschied machen können.

Ich schenke mir den Versuch, möchte mir Zottl nicht noch beschädigen. Dafür war der Tag zu schön um ihn sich hier möglicherweise zu versauen. So fährt Jens den Weg wieder runter und wir errichten unser Camp am See. Schee hier! Und: außer uns kein Camper hier. Wir sind, gefühlt, am Ende der Welt angekommen. Obwohl ich schon mal hier war, ein tolles Gefühl und ein gewaltiger Ort.

 

Wir parkieren uns auf den kleinen halbwegs ebenen Parkplatz am See und dann geht alles flott. Wieder weiss jeder, was zu tun ist. Tisch und Stühle raus, Feuerholz raus, Grill aufbauen, Salat machen, Fleisch parat legen usw. Wie ihr seht, heut lassen wir es uns gut gehen und grillen ordentlich. Alle schon ziemlich hungrig, das Eis hat nicht lange vorgehalten.

Ne Stunde später sitzen wir bei eher kühlen Außentemperaturen draußen zu viert um meinen Tisch rum und schlagen uns die Bäuche voll. Ach…das Leben kann so schön sein! Was für ein toller Tag und Abend!

Salat, Fleisch, Gemüse, Würstli…alles schmeckt, alles wird untereinander geteilt. Wir sind eine große Familie!

 

Nach dem Essen, wir sind alle pappsatt, wird das Feuer gezündet. Da es hier oben keine Bäume gibt, musste ich das Holz mitbringen. Jens treibt dennoch einen kleinen Baumstamm auf der oben an seiner Teststrecke von vorhin lag. So sitzen wir wenig später gemeinsam ums Lagerfeuer, genießen die Wärme von vorne und etwas weniger die Kälte von hinten. Noch immer wabert der Nebel in der Dunkelheit um uns rum. Nur gut, kommt er nicht direkt bis zu uns sondern bleibt immer irgendwie knapp oberhalb der Staumauer hängen.

 

Der Mond blinzelt auch immer mal wieder durch Wolken und Nebel und taucht die Landschaft in ein schönes Licht. Ich bin zu satt und faul um überhaupt noch etwas zu machen. Katja und Jens sind fitter und schleppen Kamera und Stativ durch die Gegend und fangen die Nachtstimmung mit Langzeitbelichtung ein.

 

Katja ist ja Spezialistin auf diesem Gebiet. Hat dazu bereits ein Buch geschrieben und sehr erfolgreich veröffentlicht:

„Astrofotografie: Spektakuläre Bilder ohne Spezialausrüstung“

 

Das zweite liegt so gut wie in den Regalen:

„Spektakuläre Bilder ohne Spezialausrüstung – Neuauflage des Bestsellers“.

 

Zudem betreibt sie die Webseite https://nacht-lichter.de/ und bloggt ihre Reisen. Auch auf Sozial Media ist sie unter „Nacht-Lichter“ zu finden.

 

 


Und auch auf diesem Trip sammelt sie natürlich schöne Eindrücke und Fotos. Und wer weiss, vielleicht taucht ja auch eines dieser Bilder bei ihr auf der Homepage oder sogar in einem ihrer nächsten Bücher auf. Es wäre uns eine Ehre! J

 

Fest steht auf jeden Fall, heute halten wir nicht bis 3 Uhr durch. Ich kämpfe schon um 22:30 Uhr mit Müdigkeit. Aber es ist einfach zu schön hier am Lagerfeuer um ins Bett zu gehen. Also halte ich durch. Bin aber einige mal kurz vorm Einschlafen.

Gegen Mitternacht ist dann jedoch bei allen Schluss. Müde und geschafft krabbel ich in Zottl, schnappe mir Friedrich und Co-Pilot die wieder den ganzen Abend aus dem Fenster zugeschaut haben, und werfe erst die beiden und anschließend mich ins Bett. Seelig schlafen wir ein und hoffen auf gutes Wetter morgen. Denn um Mitternacht zeigte sich der Himmel dann doch ohne Wolken.

 

Jetzt aber: gute Nacht und bis morgen.

 

Viele Grüsse

Kai

 

GPS Koordinaten:
Morgens Val Malvaglia: 46.429285, 9.042787

Abends Lago del Naret: 46.473548, 8.565418

Kommentar schreiben

Kommentare: 0